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Wann sollte der Geschäftsführer einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens einer polnischen GmbH (spółka z o.o.) stellen?

PrintMailRate-it

13. Juni 2018​

 

Gemäß den Vorschriften des Insolvenzrechts ist der Schuldner verpflichtet, den Insolvenzantrag innerhalb einer Frist von 30 Tagen ab dem Tag, an dem die Voraussetzungen für eine Insolvenzerklärung eingetreten sind, zu stellen.

 
Handelt es sich bei dem Schuldner um eine polnische GmbH (spółka z o.o.), so obliegt diese Pflicht jedem ihrer Geschäftsführer.


In der Praxis ist es schwierig, festzustellen, wann die Voraussetzungen für die Insolvenz erfüllt sind und ab welchem Tag die 30-Tage-Frist für die Antragstellung zu laufen beginnt. Die Geschäftsführer haften für den infolge der nicht fristgerechten Einreichung des Antrags verursachten Schaden; die fristgerechte Beantragung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellt dagegen eine Voraussetzung dar, die die Haftung der Geschäftsführer für zivilrechtliche sowie öffentlich-rechtliche Verbindlichkeiten der polnischen GmbH ausschließt. Aus diesem Grund ist die korrekte Ermittlung des Tages, an dem die Frist für die Einreichung des Insolvenzantrags zu laufen beginnt, für die Haftung der Geschäftsführer von großer Bedeutung.


Rechtsgrundlage für die Insolvenzeröffnung


Laut Insolvenzrecht stellt die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners einen Insolvenzgrund dar. Die Vorschriften definieren die Zahlungsunfähigkeit als einen Zustand, in dem der Schuldner die Fähigkeit verloren hat, seine fälligen Geldverbindlichkeiten zu erfüllen. Es handelt sich hierbei um die sog. Voraussetzung der Liquidität.


Neben der Voraussetzung der Liquidität nennt das Insolvenzrecht bei einer polnischen GmbH als eine Voraussetzung der Zahlungsunfähigkeit auch den länger als 24 Monate anhaltenden Zustand, in dem die Geldverbindlichkeiten der Gesellschaft den Wert ihres Vermögens überschreiten. Es handelt sich hierbei um die sog. Voraussetzung der Überschuldung, die auch auf andere juristische Personen und Organisationseinheiten ohne Rechtspersönlichkeit, die nach einem gesonderten Gesetz rechtsfähig sind, Anwendung findet (ausgenommen sind Personengesellschaften, in welchen mindestens ein Gesellschafter, der für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft mit seinem ganzen Vermögen unbeschränkt haftet, eine natürliche Personen ist).


Wann verliert die Gesellschaft die Fähigkeit, ihre Geldverbindlichkeiten zu begleichen?

​Die Beurteilung, ob die Gesellschaft ihre Fähigkeit, Geldverbindlichkeiten zu begleichen, verloren hat, sollte aufgrund ihrer tatsächlichen Zahlungsfähigkeit erfolgen. Fehlen Geldmittel in der Kasse und auf Bankkonten, wodurch es nicht möglich ist, die fälligen Geldverbindlichkeiten zu begleichen, und ist die Gesellschaft gleichzeitig nicht imstande, kurzfristig durch den Verkauf von Vermögensbestandteilen oder die Aufnahme eines Kredites/Darlehens Geldmittel zu beschaffen, so bedeutet dies in der Regel, dass die Gesellschaft ihre Fähigkeit, die fälligen Geldverbindlichkeiten zu begleichen, verloren hat. Um die Beurteilung zu erleichtern, ob die Unfähigkeit, diese Pflichten zu erfüllen, bereits besteht, beinhalten die Rechtsvorschriften eine rechtliche Vermutung, wonach der Schuldner dann zahlungsunfähig ist, wenn er mit der Begleichung seiner Geldverbindlichkeiten mehr als drei Monate in Verzug steht.


Diese Bestimmung ist als ein Hinweis für die Berechnung der Frist für die Stellung des Insolvenzantrags über die polnische GmbH zu betrachten. Es ist anzunehmen, dass mit Ablauf der genannten 3 Monate die 30-Tage-Frist für die Stellung des Insolvenzantrags durch die Geschäftsführer zu laufen beginnt.


Da es sich hierbei aber um eine rechtliche Vermutung handelt, kann sie vom Schuldner widerlegt werden, falls er beweisen kann, dass er imstande ist, seine Geldverbindlichkeiten zu begleichen. Zum Beispiel kann er einen Beweis für seine reale Möglichkeit, Geldmittel zu besorgen, die für die Deckung der Verbindlichkeiten ausreichen, vorlegen.


Wann ist die Voraussetzung der Überschuldung erfüllt?


Um es sowohl Geschäftsführern als auch Gläubigern zu erleichtern, den Zeitpunkt zu ermitteln, zu dem die Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist, sehen die Vorschriften des Insolvenzrechts – analog zu der Voraussetzung der Liquidität – auch bei der Voraussetzung der Überschuldung die rechtliche Vermutung über deren Erfüllung vor. Es wird vermutet, dass die Geldverbindlichkeiten des Schuldners den Wert seines Vermögens übersteigen, wenn seine Verbindlichkeiten (ausgenommen Rückstellungen für Verbindlichkeiten und Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen) gemäß der Bilanz den Wert der Aktiva übersteigen und dieser Zustand länger als 24 Monate anhält. Der Schuldner kann diese Vermutung widerlegen, indem er vor allem nachweist, dass der reale (marktübliche) Wert seines Vermögens den Buchwert dieses Vermögens überschreitet und der Wert seiner Aktiva im Hinblick auf ihren realen Wert somit höher ist als die Verbindlichkeiten. Sowohl für die Rechtslehre als auch die Rechtsprechung bleibt es außer Zweifel, dass zur Feststellung der sog. Überschuldung der Wert des Vermögens des Schuldners nicht aufgrund des Bilanzwertes, sondern des tatsächlichen (Verkaufs-)Wertes unter der Voraussetzung der Fortführung der Unternehmenstätigkeit ermittelt werden sollte.


Welche Handlungen sind von den Geschäftsführern vorzunehmen?


Die Geschäftsführer einer polnischen GmbH, welche Finanzschwierigkeiten erfährt bzw. Bilanzverluste erleidet, müssen stets sowohl den Stand der fälligen Geldverbindlichkeiten samt Zahlungsverzug als auch den Wert des Gesellschaftsvermögens und der Geldverbindlichkeiten der Gesellschaft überwachen.


Die Geschäftsführer sollten bereits beim ersten Zahlungsverzug fälliger Geldverbindlichkeiten der Gesellschaft, der durch das Fehlen von Finanzmitteln in der Gesellschaft verursacht wurde, die Zahlungen analysieren. Wird festgestellt, dass mindestens zwei fällige Geldverbindlichkeiten nicht fristgerecht erfüllt wurden und seit dem Tag, an dem die zweite von ihnen fällig geworden ist, drei Monate vergangen sind, so haben die Geschäftsführer innerhalb von 30 Tagen einen Insolvenzantrag zu stellen, es sei denn, sie sind imstande, Geldmittel für die Gesellschaft zu beschaffen und den überfälligen Geldverbindlichkeiten nachzukommen.


Im Hinblick auf die Voraussetzung der Überschuldung müssen die Geschäftsführer vor allem die durch die Gesellschaft aufgestellten Finanzberichte überprüfen. Dies betrifft sowohl Jahresabschlüsse, zu deren Aufstellung die polnische GmbH kraft gesonderter Vorschriften verpflichtet ist, als auch die während des Geschäftsjahres erstellten Berichte. Sollte sich aus diesen Berichten - und genauer gesagt, aus den in ihnen beinhaltenen Bilanzen - ergeben, dass die Verbindlichkeiten das Gesellschaftsvermögen überschreiten, so müssen die Geschäftsführer eine Bewertung des Gesellschaftsvermögens gemäß dem Verkaufswert erstellen (unter der Voraussetzung der Fortführung der Unternehmenstätigkeit). Übertreffen die Verbindlichkeiten bei einer auf diese Weise durchgeführten Vermögensbewertung der Gesellschaft weiterhin das Vermögen, so müssen die Geschäftsführer rückwirkend festlegen, wann dieser Zustand eingetreten ist. Ziel ist es, das Datum zu ermitteln, ab dem die Frist von 24-Monaten, während denen dieser Zustand für das Entstehen des Insolvenzgrundes der Überschuldung bestehen müsste, zu laufen beginnt. Anschließend haben die Geschäftsführer laufend den Stand des Vermögens und der Geldverbindlichkeiten der Gesellschaft zu überwachen, um festzustellen, ob im Zusammenhang mit dem Ablauf der 24-Monate ab dem Eintreten der Überschuldung die Voraussetzung für den Insolvenzantrag erfüllt ist. Nach Ablauf des 24. Monats, in dem ununterbrochen eine Überschuldung besteht, haben die Geschäftsführer 30 Tage, um den Insolvenzantrag zu stellen.

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Sind Sie an Einzelheiten zur Problematik der Pflichten der Geschäftsführer im Zusammenhang mit der Zahlungsunfähigkeit von Gesellschaften interessiert, so stehen Ihnen die Experten von Rödl & Partner für Insolvenz- oder Umstrukturierungsverfahren gerne zur Verfügung.

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Jarosław Hein

Attorney at law (Polen), Tax adviser (Polen)

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