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Wirksame Zustellung der AVB. Die Bedeutung der AVB in Gerichtsverfahren

PrintMailRate-it

​​​​​​​​​​​​​​​​​Anna Smagowicz-Tokasz und Wojciech Śliz

​​​​11. September 2024

Unternehmen wenden untereinander oft Allgemeine Vertragsbedingungen (AVB) an, in denen u.a. Haftungsfragen, die gerichtliche Zuständigkeit und die Wahl des Rechtes, nach dem Streitfragen entschieden werden sollen, geregelt sind. Um sich wirksam auf die für die betreffende Partei günstigen AVB berufen zu können, ist dafür Sorge zu tragen, dass die AVB verbindlich sind. 

Die Gerichtspraxis zeigt, dass die AVB oft nicht ordnungsgemäß zugestellt oder von Unbefugten unterzeichnet werden – in diesen Fällen muss die Streitigkeit nach der Rechtsprechung und dem materiellen Recht entschieden werden, die sich aus den allgemeinen Grundsätzen ergeben (internationales Privatrecht, EU-Verordnungen, ZPO), und diese wiederum können für die Partei, die wollte, dass die AVB gelten, weniger günstig sein. 

Erfahren Sie, wie man die AVB wirksam zustellt.

Zulässige A​​rten der Zustellung der AVB


Mus​​ter in Papierform


Der Gesetzgeber hat die Zustellung von Vertragsmustern nicht an detaillierte Anforderungen geknüpft, deshalb muss man sich diesbezüglich auf die allgemeinen Grundsätze zur Abgabe von Willenserklärungen berufen. Aus Art. 61 ZGB-PL ist zu schlussfolgern, dass ein Vertragsmuster dann als zugestellt gelten kann, wenn es der anderen Partei so zugestellt wurde, dass diese sich vor Vertragsabschluss damit vertraut machen konnte.

Das Erfordernis einer Zustellung des Musters vor Vertragsabschluss ist so zu verstehen, dass dieses Muster sich bereits beim Geschäftspartner befinden muss, bevor dieser seine Willenserklärung über die Annahme des Angebots oder die Unterzeichnung des Vertrages abgibt. Somit ist bei Verträgen, die nach dem Angebotsmodell abgeschlossen werden, der letzte Moment für die Zustellung des Vertragsmusters an die andere Partei der Zeitpunkt, zu dem ein offizielles Angebot an diese Partei geschickt wird, damit diese bei der Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des Angebots über sämtliche Vertragsbestimmungen verfügt, die für sie verbindlich sein werden. Bei Verträgen, die ausgehandelt werden, muss das Muster spätestens gleichzeitig mit dem unterschriftsreifen Vertragsentwurf an den Geschäftspartner geschickt werden. Mit Sicherheit wäre eine Übergabe des Vertragsmusters an den Geschäftspartner nach Vertragsunterzeichnung als zu spät einzustufen.

Die Zustellung kann nur dann als wirksam gelten, wenn der Geschäftspartner die Möglichkeit hatte, den Inhalt des Musters zu verstehen. Somit könnte die Zustellung des Vertragsmusters an den Geschäftspartner in einer Sprache, derer er nicht mächtig ist, nicht als wirksam gelten, da der Geschäftspartner physisch nicht die Möglichkeit hatte, zu verstehen, wozu er seine Zustimmung erteilt. 

Zwecks wirksamer Zustellung eines Vertragsmusters muss außerdem dem Geschäftspartner das gesamte Vertragsmuster zusammen mit anderen Dokumenten zugestellt werden, auf die in dem Muster Bezug genommen wird. Es reicht also nicht, dem Vertragspartner mündliche Informationen über die Anwendung eines solchen Musters zu übermitteln oder ihm einen Auszug der wichtigsten Bestimmungen des Musters auszuhändigen. 

Das Vertragsmuster einschließlich der Dokumente, die den abzuschließenden Vertrag betreffen, kann dem Geschäftspartner auch per Post oder per E-Mail zugestellt werden.

Die Pflicht zur Zustellung des Musters vor Vertragsabschluss ist ausgeschlossen, wenn die Anwendung des betreffenden Musters in Geschäftsbeziehungen dieser Art üblich ist. Dies gilt jedoch nicht für Verträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher – es sei denn, es handelt sich um einen Vertrag, der allgemein in geringfügigen, laufenden Angelegenheiten des öffentlichen Lebens abgeschlossen wird. In diesem Fall ist es ausreichend, dass die andere Partei den Inhalt des Musters leicht in Erfahrung bringen konnte. Als ausreichend wird es z.B. Angesehen werden, wenn das Muster am Schwarzen Brett desjenigen Büros ausgehängt wird, in dem der Vertrag unterzeichnet werden soll.  Sehr häufig werden bei Verträgen von geringem Wert (z.B. bei einem Fracht- oder einem Parkplatzvertrag) die Vertragsmuster beispielsweise im Inneren des öffentlichen Verkehrsmittels oder an dem Schlagbaum an der Einfahrt zum Parkplatz ausgehängt.

Elekt​​ronisches Muster


Bedienen sich die Parteien eines elektronischen Musters, so muss dieses der anderen Partei vor Vertragsabschluss auf eine Art und Weise zugänglich gemacht werden, die es ihr ermöglicht, das Muster zu speichern und zu reproduzieren. 

Es reicht nicht, dem Geschäftspartner einen Link zu der Internetseite, auf der das Muster in Textform veröffentlicht wurde, zuzuschicken, da der Geschäftspartner das Muster nicht in demselben Format auf der Festplatte seines Geräts speichern kann, und überdies der Autor des Musters die Möglichkeit zu dessen einseitiger Modifizierung hat. 

Als ausreichend wird es dagegen angesehen, wenn man dem Geschäftspartner eine E-Mail mit dem Vertragsmuster als angehängter pdf-Datei oder aber einen Link zusendet, durch dessen Anklicken der Geschäftspartner die Datei mit dem Muster auf seinen Computer herunterladen kann. In diesem Fall wird nämlich der Geschäftspartner über den Inhalt des Musters verfügen, der bei Vertragsabschluss galt, und sollte die andere Partei später Modifizierungen vornehmen, so wird er über den Beweis dafür verfügen, wie die Bestimmungen der AVB lauteten, zu denen er seine Zustimmung erteilt hatte.

Nach​weis der Zustellung des Musters


Um zu vermeiden, dass der Geschäftspartner den Vorwurf erhebt, das Muster sei ihm überhaupt nicht zugestellt worden, wird das Muster sehr häufig mit einer Unterschrift oder einer Paraphe versehen, mit der Anmerkung, dass die Person hiermit die Kenntnisnahme der AVB bestätige. Oft wird auch in den Vertragstext selbst eine entsprechende Formulierung eingefügt, wobei allerdings Vorsicht geboten ist, das sich die Gerichte immer häufiger (vor allem bei Sachen unter Beteiligung von Verbrauchern) auf den Standpunkt stellen, dass eine solche Klausel als Nachweis für die ordnungsgemäße Zustellung des Musters nicht ausreicht. Am sichersten wäre es deshalb, den Geschäftspartner das Muster unterzeichnen zu lassen. Werden die Dokumente per Post oder per E-Mail verschickt, so dürfte eine Empfangsbestätigung per Post oder per E-Mail ausreichend sein.

Fol​​​gen einer Ablehnung der AVB durch den Geschäftspartner 


Verweigert der Geschäftspartner seine Zustimmung zur Einbeziehung des Musters in den Vertrag, so kommt der Vertrag mangels übereinstimmender Willenserklärungen beider Parteien nicht zustande. In diesem Fall muss der Geschäftspartner das ihm vorgelegte Angebot ablehnen oder die Verhandlungen beenden. Enthält der Vertragstext alleine (ohne Muster) sämtliche für den betreffenden Vertrag notwendigen Elemente, so kann der Vertrag unter Außerachtlassung der Bestimmungen des Musters abgeschlossen werden. Hierfür muss der Geschäftspartner der anderen Partei ein Gegenangebot vorlegen, dass ausschließlich aus dem Vertragsinhalt besteht. 

Folgen ​der Zusendung eigener AVB durch den Geschäftspartner


Art. 3854 ZGB-PL besagt: Verwenden beide Vertragspartner unterschiedliche Vertragsmuster und wurden beide Muster wirksam zugestellt, so kann es zu zwei Situationen kommen:

  • Widersprechen die Bestimmungen der Muster einander nicht, so wird der Vertrag abgeschlossen, und beide Muster gelten in unveränderter Fassung. 
  • Enthalten dagegen die Muster einander widersprechende Bestimmungen (z.B. hinsichtlich der Vertragshaftung der Parteien), so wird der Vertrag grundsätzlich auch abgeschlossen, jedoch gelten die einander widersprechenden Bestimmungen nicht. 

Jedoch ist bei einem Konflikt zwischen den Mustern jede Partei berechtigt, der jeweils anderen unverzüglich mitzuteilen, dass sie den Abschluss des Vertrages zu solchen Bedingungen verweigert, und dann kommt es nicht zum Vertragsabschluss.

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Anna Smagowicz-Tokarz

Attorney at law (Polen)

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