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Rechnungen als Beweismittel vor Gericht

PrintMailRate-it

​​​​​​​​​​Anna Smagowicz-Tokarz und Wojciech Śliz

3. Oktober 2024


Gegenwärtig kommt es wegen des sehr schnellen wirtschaftlichen Wachstums oft zu einer Minimierung der Formalitäten bei Geschäftsabschlüssen. Insbesondere Unternehmen, die in ständiger Geschäftsbeziehung stehen, beschränken sich auf die mündliche Auftragserteilung und anschließende Rechnungsstellung über die erbrachten Leistungen. Zwar führt diese Vorgehensweise nicht zu negativen Folgen, wenn beide Seiten ihre Pflichten sorgfältig erfüllen, jedoch kommt es zu Problemen, wenn zwischen den Parteien Konflikte entstehen und Ansprüche gerichtlich geltend gemacht werden müssen. Dann ist häufig die ausgestellte Rechnung der einzige Beleg für die. 

Im Folgenden erläutern wir Ihnen, welche Rolle eine Rechnung in einem Zivilprozess spielen und welche Bedeutung sie für den Ausgang des Verfahrens haben kann.

Die Rechnung als Beweismittel im Zivilverfah​​ren


Eine Rechnung im Sinne des polnischen Zivilgesetzbuches ist ein privates Dokument, weswegen sie ausschließlich beweist, dass der Rechtsträger, der sie ausstellte, eine Willenserklärung dieses Inhalts abgegeben hat. Mit anderen Worten: Die Vorlage der Rechnung alleine ist nicht automatisch der Beweis dafür, dass die Ware dem Geschäftspartner gemäß den in der Rechnung enthaltenen Angaben zugestellt wurde. Dieser Linie folgt auch die Rechtsprechung. Das Oberste Gericht hat in einem Urteil vom 6. Juli 2023 (Az. I CSK 5820/22) festgestellt, dass eine Rechnung für sich genommen niemals als alleinige Grundlage für die Geltendmachung eines Anspruchs in Betracht kommt, sondern dass der Kläger den Abschluss und die Erfüllung des Vertrages mit anderen Belegen nachweisen muss. 

Diesbezüglich ist außerdem zu beachten, dass in einem Wirtschaftsverfahren der Urkundenbeweis Vorrang hat und der Zeugenbeweis lediglich als Ergänzung in Betracht kommt. Deshalb kann es zu einer Niederlage im Prozess kommen, wenn lediglich eine Rechnung vorgelegt wurde, da auf diese Weise der Anspruch nicht bewiesen wurde.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Rechnung für sich genommen in einem Zivilverfahren ohne jeden Beweiswert wäre. Es müssen jedoch weitere Umstände hinzukommen. Um zu beweisen, dass eine Verpflichtung tatsächlich ordnungsgemäß erfüllt wurde, ist es sinnvoll, nicht nur die Rechnung selbst vorzulegen, sondern sich darauf zu berufen, dass die Rechnung von dem Geschäftspartner ohne Vorbehalte akzeptiert wurde und dass er sie nach Erhalt nicht an den Aussteller zurückgeschickt hat. Auch die Tatsache, dass die Rechnung in den Finanzdokumenten des Geschäftspartners verbucht wurde, kann  indirekt bestätigen , dass der Vertrag gemäß den in der Rechnung enthaltenen Angaben ordnungsgemäß erfüllt wurde. Ein wichtiger Beweis kann insoweit auch die Erfassung der beigefügten Rechnung durch den Geschäftspartner in dessen Umsatzsteuererklärung VAT-7 für den betreffenden Zeitraum sein. Dies wird davon zeugen, dass die Annahme der sich aus dem Vertragsverhältnis zwischen den Parteien ergebenden Rechnung dem zuständigen Finanzamt gemeldet wurde. Die selbstständige Beschaffung der Umsatzsteuererklärung VAT-7 des Geschäftspartners kann sich jedoch als schwierig oder sogar als unmöglich erweisen. Nachstehend stellen wir Ihnen eine Lösung für dieses Problem dar.  

Zusammenfassend ist festzustellen: Die Vorlage einer Rechnung allein in einem Gerichtsverfahren kann sich als unzureichend erweisen, aber die Chance auf ein obsiegendes Urteil steigen, wenn außer der Rechnung Umstände angeführt werden, die darauf hinweisen, dass der Geschäftspartner die Rechnung akzeptiert und entsprechend abgerechnet hat. Diese Auffassung wird auch in der Rechtsprechung vertreten. So hat z.B. das Appellationsgericht Białystok (Az. I ACa 221/14) u.a. festgestellt, dass die Annahme einer Rechnung ohne Vorbehalte durch den Geschäftspartner sowie ihre anschließende Erfassung und Verbuchung als Beweis für den Abschluss und die Erfüllung des Vertrages dienen können.
 

Aufforderung zur Urkundenvorlegung durch den Beklagt​​en


Der Nachweis, dass der Geschäftspartner die ihm zugesandte Rechnung tatsächlich steuerlich erfasst hat, kann sich als problematisch erweisen, denn alle Urkunden, die diese Handlung bestätigen, werden sich entweder im Besitz des Geschäftspartners oder im Finanzamt befinden. Hier kann dem Kläger das Rechtsinstitut der Aufforderung zur Urkundenvorlegung(Art. 248 ZPO-PL) zur Hilfe kommen. Um es in Anspruch zu nehmen, wäre es am besten, schon in die Klageschrift einen Antrag auf Erlass einer Anordnung durch das Gericht aufzunehmen, die die andere Partei verpflichtet, eine konkrete Urkunde vorzulegen. Hierbei ist zu beachten, dass die Urkunde(en), zu deren Vorlage der Kläger auffordert, genau bezeichnet werden muss/müssen. Als Urkunden, die die Verbuchung einer Rechnung bestätigen können, kommen sowohl die Umsatzsteuererklärung VAT-7 als auch die SAF-T, die u.a. eine Aufstellung der im Besitz des betreffenden Rechtsträgers befindlichen Rechnungen enthält, in Frage.  Bei der Stellung eines solchen Antrags ist außerdem nachzuweisen, dass der Kläger nicht in der Lage ist, sich diese Urkunde selbstständig zu beschaffen. 

Wird diesem Antrag stattgegeben, so erlässt das Gericht eine Anordnung, die den Beklagten zur Vorlage der Urkunde verpflichtet. Obwohl in einem Zivilverfahren grundsätzlich nicht die Pflicht besteht, Urkunden vorzulegen, die einem selbst zum Nachteil gereichen, wird es der Beklagte in dieser Situation nicht ablehnen können, dieser Verpflichtung nachzukommen, wenn der Schaden, welchem er dadurch ausgesetzt wäre, darin besteht, dass er im Prozess unterliegt. In der Gerichtspraxis kommt es jedoch oft vor, dass die Beklagten die Vorlage solcher Urkunden unter Berufung auf das Geschäftsgeheimnis ihres Unternehmens verweigern. In diesem Fall wird das Gericht bewerten müssen, ob die Weigerung, die Urkunden vorzulegen, gerechtfertigt ist oder nicht. Kommt es zu dem Schluss, dass sie nicht gerechtfertigt war, so wird es auf der Grundlage von Art. 233 ZPO-PL würdigen, welche Bedeutung der Weigerung, die Urkunde vorzulegen, beizumessen ist, was bedeuten kann, dass es die Umstände, die auf der Grundlage dieser Urkunden bewiesen werden sollten, für wahr hält.

Die Rechnung als alleinige Grundlage für den Erlass eines rechtskräftigen Urteils – Urkundenprozess


Trotzdem kann es vorkommen, dass eine Rechnung allein die Grundlage für den Erlass einer rechtskräftigen Entscheidung darstellt. Dies kann dann der Fall sein, wenn der Kläger die Durchführung eines Urkundenprozesses beantragt, eine vom Geschäftspartner unterzeichnete (akzeptierte) Rechnung vorlegt und der Beklagte gegen einen erlassenen Zahlungsbebefehl nicht fristgerecht Widerspruch einlegt. In dieser Situation wird lt. Rechtsprechung die Rechnung als eine „vom Schuldner akzeptierte Rechnung“ i.S.v. Art. 485 § 1 Pkt. 2 ZPO-PL behandelt. 

Zusammenfassung


Wird dem Gericht  zur Begründung eines Anspruchs ausschließlich eine Rechnung vorgelegt, so kann dies zur Abweisung der Klage führen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Rechnung in einem Zivilprozess ohne jeglichen Beweiswert ist, denn sie kann einen wichtigen ergänzenden Beweis in der Rechtssache darstellen. Es ist jedoch stets dafür Sorge zu tragen, dass man über zusätzliche Urkunden verfügt, die den Abschluss und die Erfüllung des Vertrages bestätigen, um nicht Gefahr zu laufen, den Prozess zu verlieren. ​

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Anna Smagowicz-Tokarz

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