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Investitionen in polnische Windparks – steuerliche Folgen für Unternehmen aus der Lieferkette

PrintMailRate-it

​​​​​Piotr Gajewski, Jakub Wajs

7. Januar 2021


Gemäß Art. 23 Abs. 1a des polnischen Gesetzes über den maritimen Raum der Republik Polen und die maritime Verwaltung ist es verboten, auf inneren Gewässern und dem Küstenmeer Windkraftanlagen zu errichten bzw. zu betreiben.

 

Das bedeutet, dass Investoren Offshore-Windparks nur in der ausschließlichen Wirtschaftszone errichten können. Diese Zone ist insofern spezifisch, als sie laut Gesetz nicht zum Gebiet der Republik Polen gehört, Polen aber gemäß dem Völkerrecht dort in bestimmtem Umfang die Steuerhoheit hat.

 

Umsatzsteuerliche Folgen

 
Eine wesentliche Rolle bei der Bestimmung des Steuerstatus einer ausschließlichen Wirtschaftszone auf der Grundlage des Umsatzsteuergesetzes spielt das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union. Laut diesem Urteil ist die Souveränität eines Küstenstaats in der ausschließlichen Wirtschaftszone lediglich funktioneller Natur, und begrenzt sich als solche nur auf das Recht zur Ausübung der Tätigkeit in den Bereichen Erforschung und Ausbeutung, von denen im Seerechtsübereinkommen die Rede ist.

 

Findet eine Lieferung von Waren, die mit einer Tätigkeit verbunden ist, zu der ein Mitgliedsstaat souveräne Rechte hat, in der ausschließlichen Wirtschaftszone statt, so wird sie als Warenlieferung mit der Umsatzsteuer besteuert, die in dem Küstenstaat erfolgt, zu dem die Zone gehört.
Diese Regel findet auch auf Dienstleistungen Anwendung, wenn der nach bestimmten Regeln festgelegte Ort ihrer Erbringung in der ausschließlichen Wirtschaftszone liegt.

 

Diese Schlussfolgerung wurde von der Europäischen Kommission in einer der Arbeitsunterlagen (Nr. 846), die zur Umsatzsteuerrichtlinie erlassen wurden, bestätigt. Darin stellte die Kommission Folgendes fest:


  • in Bezug auf die Tätigkeit, zu der der Küstenstaat souveräne Rechte hat, wird die ausschließliche Wirtschaftszone, die an seinem Küstenmeer liegt, als Teil des Gebiets des Mitgliedsstaates betrachtet;
  • in Bezug auf andere Tätigkeiten, an denen sich die Staaten die Rechte teilen, gilt die ausschließliche Wirtschaftszone als außerhalb des EU-Gebiets gelegen.

 

Zu den souveränen Rechten eines der o.g. Küstenstaaten gehört das Recht auf Durchführung anderer Vorhaben im Bereich der wirtschaftlichen Erforschung und Ausbeutung der Zone, wie der Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind. Ein anderes Recht ist das Hoheitsbefugnis in Bezug auf die Errichtung und Nutzung von künstlichen Inseln, von Anlagen und Bauwerken.

 

Das bedeutet, dass die Errichtung eines Offshore-Windparks und dessen anschließender Betrieb ein dem polnischen Staat zustehendes Recht darstellt, womit in diesem Umfang die polnischen Steuervorschriften gelten.


Warenlieferanten und Dienstleistungserbringer aus der sog. Lieferkette müssen also ihre Handlungen in Bezug auf die Umsatzsteuer entsprechend beurteilen und dabei insbesondere Folgendes beachten:


  • korrekte Bestimmung des Ortes der Lieferung oder der Dienstleistungserbringung,
  • Bestimmung des Rechtsträgers, der im jeweiligen Geschäft der Steuerpflichtige ist,
  • Risiko der Entstehung einer festen Niederlassung in Polen im Zusammenhang mit der Durchführung von Offshore-Investitionen.

 

Körperschaftsteuerliche Folgen

 

Rechtsträger, die in Polen nicht gebietsansässig sind, werden grundsätzlich mit der Körperschaftsteuer auf die Einkünfte besteuert, die sie in der Republik Polen erwirtschaften.


Gemäß den entsprechenden Steuervorschriften gilt als Gebiet der Republik Polen im Sinne des Körperschaftsteuer-/Einkommensteuergesetzes u.a. die außerhalb der Hoheitsgewässer gelegene ausschließliche Wirtschaftszone, in der die Republik Polen nach ihrem internen Recht und in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht Rechte hinsichtlich der Erforschung und Ausbeutung des Meeresbodens, des Untergrundes und der natürlichen Ressourcen wahrnimmt.

 

Bereits der Wortlaut dieser Vorschrift erweckt Zweifel, da seine Auslegung nicht eindeutig ist.

 

Mindestens zwei Auslegungen scheinen möglich:


  • die erste, laut der der Gesetzgeber Situationen, in denen die ausschließliche Wirtschaftszone zu Zwecken der Körperschaftsteuer als polnisches Hoheitsgebiet betrachtet wird, nur auf solche beschränkt hat, in denen in der Zone die in der Vorschrift genannten Rechte ausgeübt werden; dabei scheint es unter diesen Rechten kein Recht zu geben, das dem Recht auf Errichtung und Betrieb von Windparks entsprechen würde;
  • die zweite, laut der der Gesetzgeber aus unerklärlichen Gründen den Verweis auf Art. 17 des Gesetzes über den maritimen Raum der Republik Polen und die maritime Verwaltung nicht genutzt hat und den Versuch unternahm, die der Republik Polen in Bezug auf das Gebiet der ausschließlichen Wirtschaftszone zustehenden Rechte zu verallgemeinern, bzw. sich auf die beispielhafte Benennung einiger von ihnen zu beschränken, jedoch war das Ziel, auf die ausschließliche Wirtschaftszone zu verweisen, in der die Republik Polen alle ihr zustehenden Rechte, und nicht nur einen Teil davon ausübt.

 

Bisher spielte diese Vorschrift in der Praxis der Steuerbehörden keine bedeutende Rolle, daher stellt ihre Auslegung eine Herausforderung dar.


Es scheint, dass sich dies im Zusammenhang mit der Aktivierung von Offshore-Investitionen erheblich ändern könnte.


Die Zweckmäßigkeit der Vorschrift lässt vermuten, dass es darum geht, sämtliche, aus der in der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübten Tätigkeit stammenden Einkünfte als auf dem Gebiet der Republik Polen erzielte Einkünfte einzustufen. Der Wortlaut der Vorschrift erweckt insoweit Zweifel, als er lediglich von der Ausbeutung des Meeresbodens, des Untergrundes und der natürlichen Ressourcen spricht. Somit ließe sich die These vertreten, dass nur derartige Einkünfte als auf dem Gebiet der Republik Polen erzielt eingestuft werden müssten.

 

Vorsichtshalber und erfahrungsgemäß ist davon auszugehen, dass sich die Steuerbehörden in diesem Fall für eine weit gefasste Auslegung aussprechen werden.

 

Rechtsträger, die in Polen nicht gebietsansässig, aber am Investitionsprozess in polnische Offshore-Windparks beteiligt sind, müssen sich vergewissern, ob sie nicht Pflichten im Bereich der polnischen Körperschaftsteuer unterliegen. Insbesondere müssen sie auf die Möglichkeit der Entstehung einer Betriebsstätte in Polen achten. Die genauen Voraussetzungen für die Entstehung einer Betriebsstätte werden in den jeweiligen zwischen der Republik Polen und anderen Staaten abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen geregelt. Aufgrund der Unterschiede im Wortlaut der Doppelbesteuerungsabkommen sowie des Charakters der im Rahmen der Investition geführten Arbeiten, bedarf die Möglichkeit der Entstehung einer Betriebsstätte jedes Mal einer Beurteilung. Sollte es zur Entstehung einer Baubetriebsstätte in Polen kommen, so wird ein Teil der Körperschaftsteuer in Polen gezahlt werden müssen.​​​

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Jakub Wajs

Attorney at law (Polen), Tax adviser (Polen)

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