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Die Entsendung von Arbeitnehmern aus der EU nach Polen – ein Leitfaden für Unternehmer (Teil 1)

PrintMailRate-it

​​​​​​​​​Małgorzata Kolasa-Dorosz und Jakub Szachniewicz

12. November 2024


Das Interesse der Unternehmer an der grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen steigt und führt zu der Notwendigkeit der Entsendung von Arbeitnehmern in einen anderen Staat. 

In diesem Leitfaden erläutern wir die wichtigsten Schritte und Grundsätze für die legale und ordnungsmäßige Entsendung eines Arbeitnehmers nach Polen am Beispiel eines Dienstleistungsunternehmens mit Sitz in Deutschland und eines Arbeitnehmers dieses Unternehmens, der deutscher Staatsbürger ist und sich nicht in unserem Staat aufhält.​

Bestimmung der Art der Entsendung


Ein Unternehmer, der beabsichtigt, einen Arbeitnehmer vorübergehend zur Arbeit nach Polen zu entsenden, hat zunächst die Art der Entsendung zu bestimmen. Abgesehen von den Sonderlösungen für Arbeitsagenturen kann ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer wie folgt nach Polen entsenden:

  1. im Zusammenhang mit der Erfüllung eines Vertrages, welchen dieser Arbeitgeber mit einem Rechtsträger abgeschlossen hat, der in der Republik Polen einer Gewerbetätigkeit nachgeht; 
  2. in einer Niederlassung oder einem Unternehmen, die/das zu derselben Unternehmensgruppe gehört, wie dieser Arbeitgeber, und in der Republik Polen einer Gewerbetätigkeit nachgeht.

In unserem Leitfaden konzentrieren wir uns auf die unter Punkt 1) beschriebene Form der Entsendung, die in der Praxis am häufigsten vorkommt. Denn Unternehmer, die sich für die Entsendung von Arbeitnehmern nach Polen entscheiden, haben bereits einen Geschäftspartner ausgewählt, zu dem sie einen Arbeitnehmer entsenden wollen, der bestimmte Aufgaben für ihn erfüllen soll.

Entsendung eines Arbeitnehmers vs. Dienstreise​


Es ist anzumerken, dass sich die Reise eines Arbeitnehmers nach Polen, je nach den Umständen, auch als Dienstreise erweisen kann – der Unterschied zwischen einer Entsendung und einer Dienstreise hängt von einer Reihe individueller Faktoren ab. Der Hauptunterschied zwischen einer Entsendung und einer Dienstreise besteht darin, ob sich der Arbeitsort des Arbeitnehmers ändert oder nicht. Bei einer Dienstreise findet keine Änderung des Arbeitsortes statt. Der Arbeitgeber erteilt eine Dienstreiseanweisung und die Reise selbst hat gelegentlichen, vorübergehenden, kurzfristigen Charakter und bezweckt die Ausführung einer konkreten Dienstanweisung. 

Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Entsendung durch den Arbeitgeber zum Zwecke der Erfüllung von Aufgaben für den entsendenden Arbeitgeber (den deutschen Unternehmer) auf eigene Rechnung und unter eigener Leitung erfolgt. Der deutsche Unternehmer (und nicht der polnische Geschäftspartner) entscheidet über Zeit, Ort und Art der auszuführenden Arbeit – es findet also keine Übertragung der Leitung und der Unterordnung auf den polnischen Unternehmer statt.


Dienstleistungsvertrag


Die unter Punkt 1) genannte Entsendung erfolgt nach dem Wortlaut der Vorschrift im Zusammenhang mit der Erfüllung eines Vertrages. Im besprochenen Fall muss der deutsche Unternehmer/Arbeitgeber daher über einen Vertrag mit dem polnischen Geschäftspartner über die Erbringung von Dienstleistungen und die erfolgte Entsendung verfügen. Der Vertrag sollte insbesondere Folgendes regeln: die Dauer der Entsendung, den Ort, die Art und den Umfang der zu erbringenden Dienstleistungen, die Verpflichtungen beider Parteien und die gegenseitigen Vereinbarungen zu dem Ablauf der Dienstleistungserbringung in Polen selbst. Der Vertrag wird im Falle einer Kontrolle einer der Nachweise für die Rechtmäßigkeit und Begründetheit der Entsendung von Arbeitnehmern nach Polen sein. 

Damit ein Arbeitnehmer von einem deutschen Unternehmer nach Polen entsandt werden kann, muss der Arbeitnehmer bei dem deutschen Unternehmer (z.B. auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags) beschäftigt sein und vorübergehend nach Polen entsandt werden. Das Arbeitsverhältnis muss während des gesamten Entsendungszeitraums bestehen. Der Umfang der zu leistenden Arbeit, die Dauer der Entsendung  und der neue Arbeitsort müssen mit dem Arbeitnehmer durch einen Nachtrag oder eine Vereinbarung zu dem mit dem Arbeitnehmer bestehenden Vertrag vereinbart werden. 


ACHTUNG 
Für die Zwecke dieses Leitfadens ist der entsandte Arbeitnehmer ein deutscher Staatsbürger, d.h. ein EU-Bürger, dessen Aufenthalt in Polen ohne zusätzliches Visum oder befristete Aufenthaltsgenehmigung legal ist. Bei der Entsendung von Arbeitnehmern eines deutschen Unternehmens, die Ausländer sind, also nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, nach Polen, ist eine Entsendung zur Leistung von Arbeit zum Zwecke der Erbringung von Dienstleistungen möglich. In ihrem Fall müssen vor ihrer Entsendung zusätzlich die Formalitäten ihres Aufenthalts in Polen individuell geprüft werden.​


Pflichten des Arbeitgebers, der einen Arbeitnehmer zur Arbeit nach Polen entsendet 


Gemäß dem Gesetz über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen vom 10. Juni 2016, mit dem insbesondere die Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen umgesetzt wird, ist ein Arbeitgeber, der einen Arbeitnehmer in das Gebiet der Republik Polen entsendet, verpflichtet, diesem Arbeitnehmer angemessene Beschäftigungsbedingungen in Polen zu gewährleisten. 


warunki zatrudnienia cudzoziemców w Polsce


Dauert die Entsendung bis zu 12 Monate (oder manchmal, im Falle der Einreichung einer triftigen Begründung, bis zu 18 Monate), dann müssen dem Arbeitnehmer in den nachstehenden Bereichen Beschäftigungsbedingungen gewährleistet werden, die nicht weniger günstig sind als diejenigen, die sich aus dem polnischen Arbeitsgesetzbuch und den anderen Vorschriften über die Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern ergeben: 

  • Normen und Umfang der Arbeitszeit sowie tägliche und wöchentliche Erholungszeit;
  • Umfang des Erholungsurlaubs;
  • Löhne und Gehälter;
  • Arbeitssicherheit und -hygiene;
  • Schutz von Arbeitnehmerinnen in der Schwangerschaft und im Mutterschaftsurlaub;
  • Beschäftigung Minderjähriger sowie Ausübung von Arbeit oder anderer Erwerbstätigkeit durch Kinder;
  • Gleichheitsgrundsatz und Diskriminierungsverbot bei der Beschäftigung;
  • Forderungen zur Deckung der Kosten im Zusammenhang mit der Dienstreise vom Arbeitsort im Gebiet der Republik Polen, an den der Arbeitnehmer entsandt wurde, zu einem anderen Arbeitsort im Gebiet der Republik Polen oder außerhalb des Gebiets der Republik Polen, ​

es sei denn, die deutschen Vorschriften sind für den Arbeitnehmer günstiger – dies ist das so genannte Günstigkeitsprinzip.

Wenn die tatsächliche Dauer der Entsendung 12 Monate (oder 18 Monate bei Einreichung einer Begründung) übersteigt, ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer alle polnischen lokalen Arbeitsbedingungen zu gewährleisten, ausgenommen: Verfahren und Formalitäten i.Z.m. dem Abschluss und der Auflösung von Verträgen, Wettbewerbsverbotsklauseln sowie die betrieblichen Altersversorgungssysteme und Arbeitnehmer-Kapitalpläne.

In der Praxis bedeutet dies, dass der deutsche Arbeitgeber vor der ersten Entsendung festlegen muss, welche polnischen Rechtsvorschriften auf die nach Polen entsandten Arbeitnehmer anwendbar sein werden. Anschließend muss er diese den Regelungen des deutschen Rechts gegenüberstellen und sie mit ihnen vergleichen und – unter Berücksichtigung der Dauer der geplanten Entsendung – auf den betreffenden Aspekt des Arbeitsrechts jeweils diejenige Gesetzgebung anwenden, die für den Arbeitnehmer objektiv günstiger ist. ​

Entsendungsformalitäten

  1. Meldung der Entsendung: Der Arbeitgeber muss spätestens am Tag des Beginns der Erbringung der Dienstleistung (an dem Tag, an dem der entsandte Arbeitnehmer seine Arbeit in Polen aufnimmt) gegenüber der Staatlichen Arbeitsinspektion (poln. Abk. PIP) eine Erklärung über die Entsendung des Arbeitnehmers abgeben und die PIP über jede Änderung der in der Erklärung enthaltenen Daten, einschließlich der Beendigung der Entsendung, informieren.
  2. Benennung einer zur Kontaktaufnahme mit der PIP und Vermittlung im Kontakt mit der PIP sowie zur Übermittlung und Entgegennahme von Dokumenten oder Benachrichtigungen bevollmächtigten Person, die sich während des Entsendungszeitraums in der Republik Polen aufhält. 
  3. Dokumentation: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, während des Entsendungszeitraums die mit der Entsendung zusammenhängenden Dokumente in Papier- oder elektronischer Form in Polen aufzubewahren und in der Erklärung den Ort anzugeben, an dem sie aufbewahrt werden. Dazu gehören insbesondere folgende Dokumente: Eine Kopie des Arbeitsvertrags des nach Polen entsandten Arbeitnehmers oder eines anderen gleichwertigen Dokuments, das die Beschäftigungsbedingungen im Rahmen des bestehenden Arbeitsverhältnisses bescheinigt; Unterlagen über die Arbeitszeit des nach Polen entsandten Arbeitnehmers in Bezug auf den Beginn und das Ende der Arbeit und die Anzahl der an einem bestimmten Tag geleisteten Arbeitsstunden oder eine Kopie davon; und Dokumente, in denen die Höhe der Vergütung des nach Polen entsandten Arbeitnehmers angegeben ist. 
  4. Zusammenarbeit mit den Behörden, darunter mit der Staatlichen Arbeitsinspektion: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, sich mit den Behörden in Verbindung zu setzen und insbesondere die Dokumente und ihre Übersetzung ins Polnische während des Entsendungszeitraums spätestens fünf Arbeitstage nach Erhalt eines Antrags zur Verfügung zu stellen.
  5. Gewährleistung der arbeitsmedizinischen Untersuchungen und der Schulungen in Arbeitssicherheit und -hygiene für die Arbeitnehmer: Den entsandten Arbeitnehmern müssen sichere und hygienische Arbeitsbedingungen nach Grundsätzen gewährleistet werden, die nicht weniger günstig sind als die im polnischen Arbeitsrecht festgelegten. Es ist daher empfehlenswert, dass der entsandte Arbeitnehmer über eine gemäß den polnischen Vorschriften durchgeführte und dokumentierte aktuelle arbeitsmedizinische Untersuchung sowie eine Bescheinigung über die Teilnahme an einer Schulung in Arbeitssicherheit und -hygiene verfügt (auch wenn er diese im Herkunftsland durchgeführt hat).

Informieren Sie sich über die steuerlichen Aspekte der Entsendung von Arbeitnehmern aus der EU nach Polen. Lesen Sie den zweiten Teil unseres Leitfadens »

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Klaudia Kamińska-Kiempa

Attorney at law (Polen)

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