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Daria Walkowiak-Dobner
23. Mai 2019
Eine der wesentlichen Änderungen bei Verrechnungspreisen, die am 1. Januar 2019 in Kraft getreten ist (aufgrund der Novellen des KStG-PL und des EStG-PL), besteht darin, dass die Steuerbehörden ein neues Werkzeug erhalten haben, das dazu dient, die Abrechnungen zwischen verbundenen Unternehmen in Frage zu stellen.
Seit Anfang dieses Jahres gilt Art. 11c KStG-PL, der die Bedingungen definiert, unter denen Geschäfte zwischen verbundenen Unternehmen abgeschlossen werden sollen. Nach den geltenden Regelungen dürfen die Bedingungen, die zwischen verbundenen Unternehmen vereinbart werden, nicht von denjenigen abweichen, welche unabhängige Unternehmen vereinbart hätten. Da diese Vorschrift sich auch an die Steuerpflichtigen richtet, erlegt sie den verbundenen Unternehmen die Pflicht auf, bereits beim Abschluss von Geschäften nach bestem Wissen und Gewissen marktgerechte Preise anzuwenden.
Art. 11c KStG-PL unterscheidet präzise zwischen zwei verschiedenen Sachverhalten:
Der Gesetzgeber hat den Umfang der Geschäfte, die einer solchen Bewertung unterliegen können, in keiner Weise eingeschränkt; die o.g. Vorschrift kann somit auf jedes beliebige Geschäft angewandt werden.
Bei der Umbewertung oder dem Auslassen von Geschäften berücksichtigt die Steuerbehörde Folgendes:
Deshalb berücksichtigen die Steuerbehörden bei der Prüfung von Geschäften zwischen verbundenen Unternehmen den tatsächlichen Geschäftsverlauf, die Umstände seines Abschlusses sowie das tatsächliche Verhalten der am Geschäft beteiligten Parteien, und nicht unbedingt die vertraglichen Vereinbarungen oder andere Absprachen zwischen den Parteien.
Die Behörde kann keine der Handlungen vornehmen, wenn als Begründung für die Umbewertung oder das Auslassen von Geschäften ausschließlich Folgendes dienen sollte:
In seiner Begründung zu der Gesetzesnovelle weist der Gesetzgeber darauf hin, dass die Angabe der Voraussetzungen, die nicht als ausschließliche Grundlage für die Umbewertung oder das Auslassen von Geschäften dienen können, Situationen vorbeugen soll, in denen die Steuerbehörden, wenn sie bei der korrekten Ermittlung der Verrechnungspreise auf Schwierigkeiten stoßen, sich einer „Abkürzung" bedienen, wo doch die Werkzeuge der Umbewertung und des Auslassens von Geschäften – nach dem Willen des Gesetzgebers – nicht allgemein angewandt werden sollen.
Berücksichtigt man die Erläuterungen des Gesetzgebers und die Begründung zu der Gesetzesnovelle, so lassen sich nachfolgende Beispiele für Situationen anführen, in denen es notwendig würde, dass die Steuerbehörden die Werkzeuge der Umbewertung und/oder des Auslassens von Geschäften anwenden:
Das Unternehmen besitzt einen Produktionsbetrieb, der in einem stark hochwassergefährdeten Gebiet liegt. Dieses Unternehmen erwirbt bei einem mit ihm verbundenen Unternehmen eine Versicherung seines Vermögens und zahlt die entsprechenden Beiträge. Die Analyse des Versicherungsmarktes hat ergeben, dass keine Möglichkeit besteht, diesen Vertrag mit einem unabhängigen Unternehmen abzuschließen, da das Risiko des Versicherers zu groß wäre.
In dieser Situation könnte die Steuerbehörde das Geschäft zwischen den verbundenen Unternehmen auslassen, mit der Begründung, dass dieses Geschäft auf dem freien Markt nicht getätigt worden wäre, weil kein Versicherer sich entschlossen hätte, einen mit einem so hohen Versicherungsrisiko behafteten Vertrag abzuschließen. In diesem Fall würde die Steuerbehörde das Einkommen des Steuerpflichtigen ermitteln, ohne die Belastungen aufgrund des Abschlusses des gegenständlichen Geschäfts zu berücksichtigen.
Ein in der Pharmaziebranche tätiges Unternehmen generiert über einen gewissen Zeitraum immaterielle Vermögensgegenstände und Rechte. Begünstigter dieser immateriellen Vermögensgegenstände und Rechte ist ein verbundenes Unternehmen, das verpflichtet ist, eine festgelegte Pauschalgebühr zu entrichten. Bei der Festlegung der Pauschalgebühr wurde ein unpassender Algorithmus bei der Kalkulation der Vergütung zugrunde gelegt, den unabhängige Unternehmen nicht vereinbart hätten.
In diesem Fall kann die Steuerbehörde das Geschäft als Darlehen einstufen und somit die für Darlehen geeignete Methode zur Schätzung von Verrechnungspreisen anwenden.
Grundsätzlich spiegeln die eingeführten Änderungen die Grundsätze für die Verhinderung der Gewinnverkürzung und der Gewinnverlagerung wider, die in die OECD-Leitlinien implementiert wurden (BEPS, Aktionspunkte 8 – 10), wo in Sektion D.2 außer der Möglichkeit, die bei dem betreffenden Geschäft angewandten Verrechnungspreise zu überprüfen, auch die Möglichkeit vorgesehen ist, das Geschäft umzubewerten oder auszulassen. Gemäß den in den Leitlinien enthaltenen Empfehlungen geht es bei den o.g. Werkzeugen im Wesentlichen darum, festzustellen, ob das zwischen den Unternehmen getätigte Geschäft tatsächlich auch von unabhängigen Unternehmen abgeschlossen worden wäre – bei vergleichbaren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.
Bezüglich des novellierten Gesetzes weist der Gesetzgeber darauf hin, dass Art. 11c KStG-PL ausschließlich eine „Präzisierung und Bestätigung der Möglichkeit darstellt, die o.g. Werkzeuge anzuwenden", und die „bisherige Berechtigung der Steuerbehörde, die Gesamtheit der Bedingungen zu berücksichtigen, unter denen die verbundenen Unternehmen ihrer Tätigkeit nachgehen, indem die Steuerbehörde feststellt, dass unter bestimmten Bedingungen das betreffende Geschäft nicht oder ein anderes Geschäft abgeschlossen worden wäre – eine Berechtigung, die sich aus dem Wortlaut des bisher geltenden Art. 11 Abs. 1 KStG-PL und Art. 25 Abs. 1 EStG-PL ergibt – in den neuen Regelungen präzisiert wurde". Die Präzisierung der bisher geltenden Vorschriften war – nach Meinung des Gesetzgebers – notwendig, um Zweifel bezüglich der Anwendung dieser Werkzeuge auszuräumen, sowie im Hinblick auf Geschäfte, bei denen es schwierig wäre, nachzuweisen, dass Voraussetzungen für einen steuerlichen Vorteil vorliegen.
Diese Begründung des Gesetzgebers für die neuen Vorschriften erweckt gewisse Zweifel – Art. 11 Abs. 1 KStG-PL enthielt keinen Hinweis auf irgendwelche zusätzlichen Befugnisse der Steuerbehörden; somit hat die aktuelle Fassung der Vorschriften den Charakter von neu gesetztem Recht.
Die Vorschriften präzisieren die Befugnisse der Behörden bei der Prüfung der Marktgerechtigkeit von Geschäften, die von Kapitalgruppen getätigt werden, und räumen den Behörden zusätzlich die Befugnis ein, das betreffende Geschäft umzubewerten oder auszulassen. Der Gesetzgeber weist darauf hin, dass das übergeordnete Ziel der neu eingeführten Werkzeuge darin besteht, die Steuerpflichtigen für die Anwendung nicht marktgerechter Mechanismen zu bestrafen, welche zur Schmälerung der Steuerbemessungsgrundlage führen. Die neu eingeführten Werkzeuge sollen einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, das Steuersystem wasserdicht zu machen. In der Praxis wird der Analyse der Frage, ob ein bestimmtes Geschäft wirtschaftlich begründet war, ausschlaggebende Bedeutung zukommen; dies könnte oft Gegenstand von Streitigkeiten mit den Steuerbehörden werden. Gemäß den OECD-Leitlinien muss der Ausgangspunkt bei der Prüfung der Marktgerechtigkeit der Geschäftsbedingungen eine gründliche Analyse des Geschäftsverlaufs sein – unter Berücksichtigung einer mehrstufigen Analyse der Risikoaufteilung. Es ist jedoch schwer vorherzusehen, ob die Steuerbehörden sich in der Phase der Anwendung der Werkzeuge der Umbewertung und des Auslassens von Geschäften von den OECD-Leitlinien und den Praktiken, die sich auf deren Grundlage herausgebildet haben, leiten lassen werden.
Im Zusammenhang mit der besprochenen Novellierung ist es empfehlenswert, das betreffende Geschäft wirtschaftlich zu begründen und die Grundsätze für seine Abrechnung darzulegen (z.B. in Verrechnungspreisdokumentationen oder im Rahmen einer zusätzlichen internen Dokumentation). Ein besonders wichtiges Element von Verrechnungspreisdokumentationen ist für den Fall eines möglichen Streits mit den Steuerbehörden die Funktionsanalyse. Des Weiteren ist es empfehlenswert, die Vorteile zu dokumentieren, die sich aus dem betreffenden Geschäft für den Erwerber ergeben, da dies die Rationalität des Handelns des Steuerpflichtigen unmittelbar begründen kann.
Sind Sie an den Einzelheiten zu den besprochenen Änderungen interessiert, so steht Ihnen das Team für Verrechnungspreise von Rödl & Partner aus den Büros in Breslau, Danzig, Gleiwitz, Krakau, Posen und Warschau gerne zur Verfügung.
Daria Walkowiak-Dobner
Attorney at law (Polen)
Associate Partner
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