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Haftung für Urheberrechtsverletzungen durch KI

PrintMailRate-it

​Paweł Szpot

26. Juni 2023


Allgemeine Regelungen


KI (künstliche Intelligenz, engl. artificial intelligence) ist nicht Urheberrechtsinhaber und daher nicht für die von ihr erzeugten Inhalte verantwortlich. Dies ist jedoch nicht selbstverständlich und wird wahrscheinlich auch in Zukunft Fragen aufwerfen. Es gibt bereits jetzt Stimmen – z.B. bei den Arbeiten des EU-Gesetzgebers und der Idee der „elektronischen Person“, dass KI im Laufe ihrer Entwicklung eine solche Rechtsfähigkeit und damit die Möglichkeit, für den verursachten Schaden zu haften, erhalten wird. 

Ebenso werden – angesichts der eindeutigen Definition eines Werks im polnischen Urheberrecht, deren Verständnis im Prinzip unstrittig ist – Schöpfungen, die durch (oder mit Hilfe von) KI entstanden sind, nicht als Werke eingestuft. Ein Werk, das unter das Urheberrecht fällt, ist jede künstlerische Tätigkeit mit individuellem Charakter, die in einer wie auch immer gearteten Form festgelegt wird – unabhängig von Wert, Zweck und Ausdrucksart [1]. Der „künstlerische“ Element ist dabei entscheidend. Ganz allgemein versteht man unter der künstlerischen Tätigkeit eine intellektuelle, kreative Anstrengung, die zu einem bestimmten Ergebnis führt. Zum jetzigen Zeitpunkt können diese Voraussetzung – aufgrund der Funktionsweise der KI und ihrer Einschränkungen sowie rechtliche Regelungen – nur Menschen erfüllen.

Risiko der Verletzung von Urheberrechten


All dies (die fehlende Rechtspersönlichkeit von KI und die fehlende Anerkennung ihrer Schöpfungen als urheberrechtlich geschützte Werke) bedeutet nicht, dass die Nutzung von KI und die Verwendung von Inhalten, einschließlich Grafiken, Musik oder Text, die von KI erzeugt werden, nicht zu Urheberrechtsverletzungen führen können. Es ist offensichtlich, dass das Ergebnis der Arbeit von KI selbst ein Plagiat sein oder Fragmente existierender Werke beinhalten oder den Stil eines bestimmten Künstlers nachahmen kann. Schließlich wird KI generell für diese Zwecke eingesetzt, z.B. wenn sie den Stil berühmter Maler nachahmt. Es ist jedoch zu beachten, dass in den meisten Fällen einer solchen Nutzung der urheberrechtliche Schutz für die Werke dieser Maler aufgrund des Ablaufs der normativen Frist (deren Beginn meist ab dem Tod des Urhebers gerechnet wird) erloschen ist. 

Die gängigsten KI-Systeme, die heute weit verbreitet sind, überprüfen die erzeugten Ergebnisse nicht daraufhin, ob diese den Werken ähnlich sind oder ob sie das ganze urheberrechtlich geschützte Werk oder nur Teile davon verwenden, sondern ob sie im Allgemeinen das Urheberrecht verletzen. Daher liegt das Risiko und die Last der Überprüfung von Verletzungen generell beim Nutzer des KI-Tools.

Ansprüche und strafrechtliche Sanktionen


Im Falle einer Verletzung gewähren die Vorschriften des polnischen Urheberrechts demjenigen, dessen Rechte verletzt wurden, eine Reihe von Ansprüchen, darunter auf:

  • Unterlassung der Verletzungen,
  • Beseitigung der Folgen der Verletzungen,
  • Schadenersatz nach allgemeinen Grundsätzen oder durch Zahlung eines – je nach Verschulden – angemessenen Vielfachen der Vergütung für die Nutzung des Werkes oder Herausgabe der erzielten Vorteile,
  • Veröffentlichung entsprechender Erklärungen in der Presse,
  • öffentliche Bekanntgabe des Inhalts einer gerichtlichen Entscheidung [2]. 

Die Berücksichtigung und Vollstreckung der Ansprüche können daher wesentliche finanzielle Folgen haben.

In extremen Fällen können Urheberrechtsverletzungen auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Das polnische Urheberrecht sieht nämlich Sanktionen u.a. für die Aneignung eines fremden Werks, die Täuschung über die Urheberschaft, die unrechtmäßige Vervielfältigung oder Verbreitung oder den Handel mit illegalen Kopien eines Werks vor [3].

Sowohl diese zivilrechtlichen Ansprüche als auch die strafrechtlichen Konsequenzen müssen sich gegen die Person richten, die die Rechte verletzt oder den Tatbestand der Straftat erfüllt hat, wobei im Zivilrecht das Verschulden grundsätzlich keinen Einfluss auf die Haftung hat.

Verantwortlicher Rechtsträger


Es stellt sich daher die Frage, wer im Falle von KI für Urheberrechtsverletzungen haftet: der Entwickler des KI-Systems, der Rechtsträger, der das KI-System den Verbrauchern anbietet (Verkäufer, Vertreiber, Betreiber), oder vielleicht der Endnutzer? 

Zu diesem Zeitpunkt hängt die Antwort von den Umständen der jeweiligen Rechtsverletzung ab, wobei bei der Beurteilung jedes einzelnen Falles von Rechtsverletzung das geltende allgemeine Zivilrecht, einschließlich des Urheberrechts, herangezogen wird. Trotz intensiver gesetzgeberischer Arbeiten, vor allem auf europäischer Ebene, wurden bisher noch keine detaillierten Regelungen für die Haftung für KI eingeführt. Erwähnenswert ist das Konzept der Ausgestaltung dieser Regelungen in Anlehnung an die Produkthaftung (basierend auf dem Gefährdungsprinzip  – der Rechtsträger haftet für die bloße Folge der Entstehung des Schadens, unabhängig von der Möglichkeit, ihn für das schadensverursachende Ereignis verantwortlich zu machen).

Einerseits ist es möglich, dass ein KI-Algorithmus so geschaffen wurde, dass seine Handlungen unabhängig vom Willen und den Handlungen des Nutzers immer mit einer Verletzung des Urheberrechts verbunden sind; in diesem Fall sollte der KI-Entwickler haftbar gemacht werden. Andererseits kann er so konstruiert werden, dass seine Nutzung möglich ist, ohne die Rechte Dritter zu verletzen, und es sind die Handlungen, Eingaben und Befehle des Nutzers, die zur urheberrechtsverletzenden Erzeugung oder Nutzung eines Ergebnisses führen. In einer solchen Situation kann es zu einer Urheberrechtsverletzung kommen, ohne dass der Nutzer dies weiß oder beabsichtigt. Denn es ist schwer anzunehmen, dass ein durchschnittlicher Nutzer in der Lage ist, bei der Formulierung von Befehlen oder nach Erhalt des Ergebnisses der Arbeit von KI umfassend zu überprüfen, ob das betreffende Ergebnis nicht ähnlich ist, keine Umarbeitung darstellt oder nicht ganz oder teilweise ein geschütztes Werk verwendet.

Am Rande ist anzumerken, dass das KI-System selbst (als Software) auch Gegenstand des Urheberrechts (ein Werk) ist, und seine Verwendung (ohne eine entsprechende Lizenz, falls erforderlich) eine Verletzung des Urheberrechts seines Entwicklers darstellt.

Mögliche Streitigkeiten


In jedem der oben genannten Fälle, in denen es zu einer Urheberrechtsverletzung durch die Verwendung von KI kommt – unabhängig davon, welche Partei vertreten wird (potenzieller Verletzer oder Geschädigter) – ist es unerlässlich, sich auf eine mögliche Streitigkeit angemessen vorzubereiten. Von Bedeutung sind dabei:

  • genaue Überprüfung und Festlegung der Haftungsgrundlagen;
  • Prüfung der Legitimität , insbesondere durch Beurteilung des Beitrags der einzelnen Rechtsträger zum Funktionieren des AI-Systems und des sich daraus ergebenden Ergebnisses seiner Arbeit;
  • die schätzungsweise Ermittlung des erlittenen Schadens;
  • Wahl des Anspruchs oder der Klagegründe ;
  • Bereitstellung von Beweismitteln, einschließlich einschlägiger privater Gutachten. 

Die Erbringung professioneller Rechtsberatungsleistungen bereits in der vorgerichtlichen Phase erhöht bedeutend die Chancen auf ein zufriedenstellendes Ergebnis und verkürzt erheblich die Dauer der Streitigkeit. Es ist offensichtlich, dass ein möglicher Rechtsstreit, insbesondere vor Gericht, angesichts der Neuartigkeit von KI, der Komplexität und des technischen Charakters sowie der fehlenden diesbezüglichen Rechtsprechung zur Auslegung der einschlägigen Vorschriften viele rechtliche und faktische Schwierigkeiten, einschließlich Beweisschwierigkeiten, mit sich bringen wird. In vielen Fällen muss ein Beweis aus dem Gutachten eines Sachverständigen mit dem entsprechenden Fachwissen zugelassen werden, um u.a. festzustellen, wie und in welchem Umfang die KI und die Maßnahmen der Nutzer das Endergebnis beeinflusst haben.

Darüber hinaus muss die Analyse in Bezug auf den für die Urheberrechtsverletzung verantwortlichen Rechtsträger auch eine Überprüfung des Inhalts der Nutzungsbedingungen der verschiedenen KI-Tools umfassen. Die Nutzungsbedingungen sehen eine unterschiedliche Verteilung der Haftung für die Nutzung der Ergebnisse der Arbeit von KI vor. Zum Beispiel besagen die Nutzungsbedingungen von ChatGPT, dass die gesamte Haftung für die Nutzung der erstellten Inhalte auf den Nutzer übertragen wird, und die Nutzungsbedingungen von Midjourney – dass der Umfang der Rechte des Nutzers an der Schöpfung vom Kauf der entsprechenden Version des Tools abhängt (im Falle einer kostenpflichtigen Version ermöglicht die erworbene Lizenz die Nutzung der Schöpfung in den allgemein beschriebenen Nutzungsbereichen). Die Entgeltlichkeit zwischen dem KI-Entwickler und dem Nutzer kann ein wichtiges Element sein, wenn es darum geht, die Haftung für die jeweilige Verletzung zuzuweisen und die diesbezüglichen finanziellen Folgen abzurechnen.

Einschränkung des Haftungsrisikos


Wenn der Nutzer oder Entwickler von KI beabsichtigt, bereits bestehende Werke mit Hilfe von KI zu überarbeiten – wobei davon ausgegangen wird, dass eine solche Handlung einen separaten Nutzungsbereich darstellt – ist es natürlich erforderlich, zunächst entweder eine Übertragung der Urhebervermögensrechte an dem Werk oder eine entsprechende Lizenz beim Urheber des Originalwerks einzuholen.

Ist der Zweck hingegen nicht präzisiert und sind die Folgen des Einsatzes des KI-Systems nicht vorhersehbar, lohnt es sich, Lösungen einzuführen, die die Interessen des Unternehmers angemessen schützen, u.a. durch die Aufnahme geeigneter Bestimmungen über die Nutzungsgrundsätze und die Haftung für die Nutzung von KI-Werkzeugen im Falle von Urheberrechtsverletzungen in die geltenden Verträge mit Arbeitnehmern und Mitarbeitern oder Geschäftspartnern. Falls im Unternehmen bereits KI-Tools eingesetzt werden, lohnt es sich außerdem, die eingesetzten Lösungen zu prüfen und die Vorgehensweise so sicher und umfassend wie möglich im Rahmen der einschlägigen Politiken und Ordnungen zu regeln. 

Wenn Sie in Ihrem Unternehmen KI-Tools einsetzen oder deren Einführung planen, so stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.


Rechtsgrundlage
Gesetz über das Urheberrecht und verwandte Rechte 
[1] Art.1
[2] Art. 79
[3] Art. 115 bis 119

Kontakt

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Paweł Szpot

Attorney at law (Polen)

Senior Associate

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