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Schiedsklausel in Verträgen auf dem EE-Markt

PrintMailRate-it

 

Adrian Cop

25. Oktober 2021

 

Zu Beginn der Zusammenarbeit gehen alle Vertragsparteien mit den besten Absichten und großem Enthusiasmus an die Umsetzung des jeweiligen Vertrags heran. Je nach der Art des Vertrages können in Bezug auf seine Erfüllung, die Pflichten der Parteien bzw. die Fristen  jederzeit und aus vielen Gründen Streitigkeiten entstehen.


Bei Verträgen im EE-Sektor, aber nicht nur dort, kann es aus unterschiedlichen Gründen zu Komplikationen kommen, z.B. schlechte Wetterbedingungen, die die fristgerechte Verlegung eines Elektrokabels unter der Erde verhindern, verspätete Lieferung von Solarzellen oder Kommunikationsprobleme zwischen dem Betreiber und einem Unternehmen, das eine Photovoltaikanlage an das Netz anschließen will.


Können sich die Parteien bei Streitigkeiten nicht verständigen, kann sich eine gut formulierte Streitbeilegungsklausel als von unschätzbarem Wert erweisen. Die Parteien übersehen diese Frage oft oder schenken ihr nur wenig Beachtung, indem sie fertige oder zuvor genutzte Muster von vertraglichen Bestimmungen in den Vertrag aufnehmen. Dabei kann sich eine solche Klausel als der wichtigste Teil des unterzeichneten Vertrages erweisen.


Richter und Schiedsrichter, die eine Streitigkeit entscheiden, weisen darauf hin, dass die grundlegende Frage ist, wie die Klausel/Schiedsvereinbarung verfasst wird. Wird sie beispielsweise nicht ordnungsgemäß verfasst, dann kann es passieren, dass die Streitigkeit überhaupt nicht entschieden wird und die Parteien entgegen ihrem Willen ihre Rechte vor Gericht geltend machen müssen. 


Vorteile des Schiedsverfahrens

Das Schiedsverfahren kann – auch wenn es im EE-Sektor nach wie vor relativ wenig populär ist – viele Vorteile bieten. Insbesondere dann, wenn den Vertragsparteien an der Zeit gelegen ist und sie Einfluss auf das Verfahren der Streitbeilegung und mehr Sicherheit hinsichtlich der Entscheidung eines Streits haben möchten, bezüglich dessen sie gemeinsam beschließen, dass das Recht auf Berufung gegen die erlassene Entscheidung beschränkt bzw. entzogen wird.


Die Attraktivität des Schiedsverfahrens zeigt sich, wenn die Vertragsparteien ihrem Sitz nach unterschiedlichen Gerichtsbarkeiten unterliegen, Neutralität schätzen und nicht damit einverstanden sind, dass für die Entscheidung einer Streitigkeit die Gerichtsbarkeit im Land der anderen Partei zuständig ist. Ein großer Vorteil des Schiedsverfahrens liegt auch in seiner Effizienz, seinen Kosten und der Zeitersparnis im Vergleich zu einem Gerichtsverfahren.


Das Schiedsverfahren gibt den Parteien auch die Möglichkeit, von ihnen gewählte Schiedsrichter heranzuziehen, die über die erforderliche Erfahrung und (insbesondere fachliches) Wissen bei der Lösung von Streitigkeiten verfügen. Diese Möglichkeit ist insbesondere bei Streitigkeiten im Bereich der Erneuerbaren Energien ein unschätzbarer Vorteil, wo Schiedsrichter, die über Fachwissen verfügen bzw. mit den Besonderheiten des Investitionsprozesses beim Bau eines Windkraftwerkes vertraut sind, Gold wert sind. 


Elemente einer Schiedsklausel

Die obigen Vorteile können aber nicht genutzt werden, wenn die Parteien keinen wirksamen Schiedsvertrag abschließen. Am einfachsten ist es, eine entsprechende Schiedsklausel zu verfassen, die sämtliche erforderlichen Elemente für den Fall einer Streitigkeit zwischen den Vertragsparteien regelt. Bei der Verfassung der Schiedsklausel muss eine Reihe von grundlegenden Fragen berücksichtigt werden: 

 

 

I  Sorgfältige Formulierung

 


Sehr oft nehmen die Parteien bei der Vertragsgestaltung zuvor verwendete Klauseln aus den verfügbaren Vertragsmustern in den Vertrag auf bzw. kopieren die Klauseln von den Internetseiten der betreffenden Schiedsgerichte, ohne ihre Zweckmäßigkeit für den betreffenden Vertrag zu überprüfen. Häufig passiert es kurz vor Abschluss des Vertrags, dass solche Bestimmungen hinzugefügt werden. Die Muster der Schiedsklauseln von bekannten Schiedsstellen wie ICC, VIAC, UNICITRAL oder LCIA bilden eine sehr gute Grundlage für die Verfassung von Schiedsklauseln. Nach Auffassung des Autors müssen aber bei der Verfassung der betreffenden Klausel auch die Spezifik des betreffenden Vertrages und die Erwartungen der Parteien berücksichtigt werden, und sie muss dementsprechend angepasst werden. Am wichtigsten ist es, dass diese Klauseln klar formuliert werden und alle erforderlichen Elemente enthalten, sodass ihre Auslegung und Wirksamkeit nicht beanstandet werden können. 

 

 

II  Umfang der Unterwerfung einer Streitigkeit unter das Schiedsverfahren

 


Die wichtigste Frage bei der Verfassung einer Schiedsklausel ist die eindeutige Bezeichnung des Streitgegenstandes, d.h. die Angabe, welche Arten von Sachen unter die Schiedsgerichtsbarkeit fallen. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn die Parteien nur einen Teil der Sachen dem Schiedsverfahren unterstellen und die übrigen im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens entschieden werden sollen. Die Schiedsrichter, die die formalen Anforderungen der Schiedsklausel überprüfen, dürfen keine Zweifel am Umfang und an der Art der Streitigkeit haben, die die Parteien einvernehmlich dem Schiedsverfahren unterstellen. Andernfalls können sie den Erlass eines Schiedsspruchs in der betreffenden Sache verweigern, indem sie auf ihre fehlende Zuständigkeit verweisen.


Besondere Sorgfalt ist dann geboten, wenn die Parteien beschließen, den Vertrag im Nachhinein zu ändern, indem sie einen oder mehrere Nachträge abschließen. Werden in die Nachträge unbedacht Schiedsklauseln aufgenommen, die mit den im ursprünglichen Vertrag enthaltenen Klauseln inkohärent sind, bzw. werden Streitigkeiten aus der Erfüllung eines Nachtrags ordentlichen Gerichten zur Entscheidung unterstellt, so kann dies dazu führen, dass verschiedene Teile einer Streitigkeit unterschiedlichen Gerichten (einem ordentlichen Gericht und einem Schiedsgericht oder z.B. verschiedenen Schiedsgerichten) zur Entscheidung vorgelegt werden müssen. 


Es ist wichtig, dass sich aus der Schiedsklausel eindeutig die Zustimmung beider Parteien ergibt, die Streitigkeit dem Schiedsverfahren zu unterstellen. Die verwendeten Formulierungen müssen ausdrücklich auf die erteilte Zustimmung hinweisen (z.B. „die Parteien unterstellen“, „die Parteien verpflichten sich“).

 

 

III  Wahl der Regeln und der Schiedsstelle


 

Bei der Verfassung der Schiedsklausel können die Parteien zwischen einem Ad-hoc-Schiedsverfahren und einem institutionalisierten Verfahren (Wahl der Schiedsstelle) wählen. Bei dem institutionellen Schiedsverfahren wählen die Parteien eine Schiedsstelle, die ihnen gegen Entgelt hilft, das Verfahren zu organisieren, und die Lösung der Streitigkeit administrativ unterstützt. Bei einem Ad-hoc-Schiedsverfahren obliegt diese Pflicht gewöhnlich den Verfahrensparteien. 


Die von den Parteien gewählten Schiedsregeln bestimmen den prozeduralen Rahmen des Verfahrens. Bei der Wahl vorgefertigter Schiedsregeln, die von den größten Schiedsstellen angeboten werden, müssen sich die Parteien nicht umfassend über die prozeduralen Regeln und die Verfahrensgrundsätze einigen, da diese bereits festgelegt sind. Die Wahl solcher festgelegten Regeln kann das Verfahren beschleunigen und potentielle Streitigkeiten in Bezug auf die Befolgung der vereinbarten Verfahrensgrundsätze beschränken. In der Schiedsklausel kann zusätzlich festgelegt werden, ob auf die Entscheidung der Streitigkeit die Ordnung der betreffenden Schiedsstelle, die zum Zeitpunkt der Verfassung der Schiedsklausel gilt, oder die Ordnung, die am Tag der Einleitung des Verfahrens gilt, Anwendung findet.


Bei der Wahl der Schiedsregeln ist die Art der künftigen Streitigkeit zu berücksichtigen. Die Aufgabe der Juristen, die die Schiedsklausel verfassen, besteht in der Prüfung der verfügbaren Schiedssprüche der betreffenden Schiedsstellen (im Hinblick darauf, ob Streitigkeiten aus der betreffenden Kategorie von der betreffenden Stelle entschieden wurden), der Entscheidungs- und der prozeduralen Praxis der betreffenden Stelle und der Schiedsrichter, die in der Sache entscheiden werden. Im EE-Sektor wird durch die Wahl einer Schiedsstelle, die auf die Entscheidung solcher Sachen spezialisiert ist, und insbesondere durch die Möglichkeit der Heranziehung von Schiedsrichtern, die Praxis im EE-Bereich haben, gemäß dem Grundsatz clara non sunt interpretanda nicht nur die Beilegung der Streitigkeit beschleunigt, sondern auch den Parteien selbst und ihren Bevollmächtigten das Voranbringen der Sache erleichtert. 

 

 

IV  Schiedsort


 

Der Schiedsort, sofern die Parteien nichts anderes vorbehalten, ist wichtig, da er das auf das Schiedsverfahren anwendbare Recht bestimmt (lex arbitrii). Die Parteien wählen meistens einen neutralen Ort als Schiedsort, unter Berücksichtigung der Lage ihres Geschäftssitzes, der Anfahrten, des Standortes der Unternehmung und des Ortes, an dem die lokalen Gerichte den Vertrag reibungslos vollstrecken und das Schiedsverfahren unterstützen werden. 

 

 

V  Anzahl der Schiedsrichter


 

In der Schiedsklausel können die Parteien die Anzahl der Schiedsrichter bestimmen, die über ihre Sache entscheiden werden. Meistens ist die Anzahl der Schiedsrichter ungerade, um Situationen zu vermeiden, in denen die Stimmen gleichmäßig verteilt sind und die Schiedsrichter deshalb zu keinem Spruch gelangen können. Gewöhnlich wählen die Parteien einen oder drei Schiedsrichter für das Schiedsverfahren aus.
Bei einem oder mehreren Schiedsrichtern nehmen die Parteien oft das Wahlverfahren in die Schiedsklausel auf, z.B. jede Partei wählt einen Schiedsrichter und die gewählten Schiedsrichter wählen dann die dritte Person oder jede Partei wählt je einen Schiedsrichter und der dritte Schiedsrichter muss von beiden Parteien einvernehmlich gewählt werden. 

 

 

VI  Sprache


 

Durch die Wahl der Sprache in der Schiedsklausel können diesbezügliche Streitigkeiten und die Anwendung der am Schiedsort geltenden Standardvorschriften vermieden werden. Die Wahl der Schiedssprache ist von Bedeutung, wenn die Parteien aus unterschiedlichen Ländern kommen. Es ist zu beachten, dass die Wahl der Sprache nicht nur die Verfahrenssprache selbst, sondern auch Dokumente, Aussagen der Zeugen/Experten und etwaige Übersetzungen betrifft. 

 
Die vorgenannten Bestandteile der vertraglichen Schiedsklausel sind von enormer Bedeutung, wenn ein ernsthafter geschäftlicher Konflikt entsteht. Eine gut verfasste Schiedsklausel wird die Art und Weise der Lösung des Problems bestimmen und gewährleisten, dass die Rechte und Pflichten der Parteien vollumfänglich durchgesetzt werden.


Musterklausel für Schiedsverfahren

Nachfolgend finden Sie Beispiele der grundlegenden Elemente einer Schiedsklausel. Eine Schiedsklausel kann gemäß dem Willen und der Rechtslage der Parteien um zusätzliche Elemente ergänzt werden.

  1. Sämtliche sich aus diesem Vertrag ergebenden oder mit ihm verbundenen Streitigkeiten und Streitigkeiten über die Gültigkeit des Vertrages werden von dem Gericht [Name des gewählten Schiedsgerichts] gemäß der Schiedsordnung [Name der gewählten Schiedsstelle], die am Tag der Einleitung des Verfahrens/ am Tag der Verfassung der vorliegenden Schiedsklausel durch die Parteien gilt, endgültig entschieden.
  2. Das Schiedsgericht setzt sich aus [Anzahl der Schiedsrichter] Schiedsrichtern zusammen.
  3. Schiedsort ist [je nach Präferenz eintragen].
  4. Verfahrenssprache ist [die Verfahrenssprache eintragen].
  5. Anwendbares Recht ist [das anwendbare Recht oder andere Regelungen eintragen].

 

Wenn Sie an Informationen über das Schiedsverfahren, darunter das Schiedsverfahren im EE-Sektor, interessiert sind, stehen Ihnen unsere Experten gerne zur Verfügung.

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Anna Smagowicz-Tokarz

Attorney at law (Polen)

Associate Partner

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