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Haftung der Geschäftsführung – kann ein Gläubiger der Gesellschaft auch mein Gläubiger sein?

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Anna Smagowicz-Tokarz, Kamil Twardowski
31. Mai 2022



Ist eine Teilung der Haftung der Geschäftsführung gegenüber der GmbH möglich? Die Experten von Rödl & Partner besprechen im Text praktische Methoden zur Sicherung der Interessen der Geschäftsführer im Falle einer gerichtlichen Streitigkeit.  



Der Geschäftsführer und die Gläubiger der Gesellschaft 

Der Geschäftsführer ist für die Verträge und Verbindlichkeiten der Gesellschaft verantwortlich. Gemeint sind hier sämtliche Verbindlichkeiten, die die Gesellschaft während der Amtszeit des betreffenden Geschäftsführers eingeht. Die Haftung des Geschäftsführers ist:

  • subsidiär – in erster Linie haftet die Gesellschaft für ihre Verbindlichkeiten. Erweist sich die Zwangsvollstreckung gegen die Gesellschaft als erfolglos, so kann der Gläubiger auf das Vermögen des Geschäftsführers zugreifen;
  • persönlich – der Geschäftsführer haftet mit seinem ganzen Vermögen;
  • gesamtschuldnerisch – jeder Geschäftsführer haftet gegenüber dem Gläubiger in gleichem Umfang. Der Gläubiger kann wählen, gegenüber welchem Geschäftsführer die Zwangsvollstreckung betrieben wird.

Obwohl es bei Aktiengesellschaften keine Vorschrift gibt, die die Haftung der Vorstandsmitglieder festlegt, bedeutet dies nicht, dass sie gegenüber den Gläubigern straffrei bleiben. 




Grundlagen des Anspruchs gegen einen Geschäftsführer

Um einen Geschäftsführer haftbar zu machen, muss der Gläubiger das Bestehen einer nicht beglichenen Verbindlichkeit der Gesellschaft (während der Amtszeit des Geschäftsführers) nachweisen, die durch ein Urteil oder einen Zahlungsbefehl festgestellt wurde, und die Erfolglosigkeit der Zwangsvollstreckung gegenüber der Gesellschaft bestätigen.


Der Geschäftsführer kann sich gegen die Vorwürfe des Gläubigers wehren, indem er nachweist, dass er fristgerecht Insolvenzantrag oder einen Antrag auf Einleitung eines Umstrukturierungsverfahrens gestellt hat. Wurde ein solcher Antrag jedoch nicht gestellt, so muss nachgewiesen werden, dass dies nicht auf ein Verschulden des Geschäftsführers zurückzuführen ist. Der Geschäftsführer kann auch nachweisen, dass der Gläubiger trotz der unterlassenen Stellung des Insolvenzantrags und der nicht erfolgten Einleitung eines Umstrukturierungsverfahrens keinen Schaden erlitten hat. Der Gläubiger kann Ansprüche gegenüber dem Geschäftsführer innerhalb von 3 Jahren ab dem Tag geltend machen, an dem er von dem Schaden erfahren hat, längstens jedoch innerhalb einer Frist von nicht mehr als 10 Jahren ab dem Tag, an dem der Schadensfall eingetreten ist. 




Eine öffentliche Stelle als Gläubiger

In manchen Situationen ist eine öffentliche Stelle der Gläubiger. Die Geschäftsführer können für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft z.B. auch gegenüber dem Finanzamt, der Sozialversicherungsanstalt oder dem Solidaritätsfonds haften. In allen Situationen müssen dieselben Voraussetzungen wie im Falle der Haftung gegenüber zivilrechtlichen Gläubigern erfüllt sein. Für Steuerverbindlichkeiten haftet der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft. Dies betrifft die Verbindlichkeiten, deren Zahlungsfrist während der Amtszeit als Geschäftsführer verstrich. Sie bezieht sich auf Situationen, in denen sich die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Steuerpflichtigen als erfolglos erwies oder auf die Zwangsvollstreckung verzichtet wurde, weil im Laufe dieser Zwangsvollstreckung kein die Aufwendungen für das Zwangsvollstreckungsverfahren übersteigender Betrag erzielt wurde. Der Geschäftsführer haftet gesamtschuldnerisch mit dem Steuerpflichtigen mit seinem ganzen Vermögen.


Es sind folgende Schritte vorgesehen, die es ermöglichen, sich von der Haftung für die Steuerverbindlichkeiten der Gesellschaft zu befreien:

  • es ist nachzuweisen, dass der Insolvenzantrag fristgerecht gestellt wurde;
  • die unterlassene Stellung des Insolvenzantrags ist nicht auf ein Verschulden des Geschäftsführers zurückzuführen;
  • der Geschäftsführer kann auch Vermögen der Gesellschaft nennen, in das die Zwangsvollstreckung erfolgen kann, um die Steuerverbindlichkeiten größtenteils zu befriedigen.

In der Praxis muss der Geschäftsführer in einem Steuerverfahren nachweisen, dass während seiner Amtszeit als Geschäftsführer keine Gründe für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vorlagen oder er muss Verfahrensfehler aufzeigen. Das Verfahren umfasst nicht alle Geschäftsführer.




Eventuelle Teilung der Haftung der Geschäftsführer 

In der Gesellschaft können die Tätigkeiten unter den Geschäftsführern aufgeteilt werden. Dies stellt jedoch dann keine wirksame Schutzmethode dar, wenn ein Dritter oder die Gesellschaft sie zur Haftung heranziehen. Eine Teilung kann zur Individualisierung der Beurteilung der Haftung der einzelnen Geschäftsführer (oder deren Fehlens) gegenüber der Gesellschaft und höchstens zu einer differenzierten Aufteilung der Regressansprüche auf die Geschäftsführer führen. Es existiert auch ein kleiner Prozentsatz an bereits entschiedenen Sachen im Bereich der Haftung der Geschäftsführer für die Steuerverbindlichkeiten der Gesellschaft, in denen in sehr spezifischen Ausnahmefällen über die Haftung nicht aller, sondern nur ausgewählter Geschäftsführer entschieden wurde.  Grundsätzlich haften nämlich alle Geschäftsführer gesamtschuldnerisch für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft.  Dritte (Gläubiger der Gesellschaft) können Ansprüche jedoch nur dann geltend machen, wenn sie den Anspruch gegen die Gesellschaft erheben, die Gesellschaft diesen Anspruch nicht erfüllt, ein rechtskräftiges stattgebendes Urteil erlassen wird und sich die Zwangsvollstreckung als erfolglos erweist. Solche Gläubiger können dann ihre Ansprüche direkt gegenüber den Geschäftsführern geltend machen.



Die Entlastung der Geschäftsführer kann sich als ein unwirksames Verteidigungsmittel erweisen, wenn sich nach dem Abschluss des Geschäftsjahres und der Feststellung des Jahresabschlusses herausstellt, dass der Geschäftsführer dazu beigetragen hat, dass im Jahresabschluss Angaben ausgewiesen wurden, die dem Sachverhalt nicht entsprechen, und dass er dies den übrigen Geschäftsführern verschwiegen hat. Wenn die Gesellschafter zum Zeitpunkt der Entlastung und der Feststellung des Jahresabschlusses nicht über bestimmte Informationen verfügten, die im Jahresabschluss nicht oder verfälscht dargestellt wurden, so kann die Entlastung den betreffenden Geschäftsführer nicht vor den Ansprüchen der Gesellschaft schützen.  



Praktische Werkzeuge – Defence File

Der Begriff „Defence File" kommt aus dem Steuerrecht. Er dient der Bildung von Grundsätzen für die Vorgehensweise angesichts unterschiedlicher verbindlicher Auskünfte. Der Ansatz der Defence File besteht darin, nachzuweisen, dass der Entscheidungsprozess transparent und korrekt war. Die Sammlung dieser Dokumente soll nachweisen, dass es während der Fassung der Entscheidung zu keinen Unregelmäßigkeiten gekommen ist und der ganze Prozess gemäß dem Recht und dem Gesellschaftsvertrag verlaufen ist. Sie bescheinigt auch, dass der Geschäftsführer die Zustimmung der Gesellschaftsorgane erlangt hat. Der Geschäftsführer kann versuchen, eine Defence File auf mehreren Ebenen zu bilden und zwar u.a. in einem Gesellschafterbeschluss, einem Beschluss der Geschäftsführung oder in einer Dokumentensammlung wie E-Mails, Notizen, die die Anweisungen enthalten, die zur Fassung der betreffenden Entscheidung geführt haben, wobei auf ein mangelndes Ermessen des Geschäftsführers diesbezüglich hinzuweisen ist. 

Die Funktion des Geschäftsführers ist ein verantwortungsvoller Posten, der zahlreiche Kompetenzen für das Handeln  im Namen der Gesellschaft gewährt. Andererseits können die Geschäftsführer manchmal Entscheidungen treffen, die die Gesellschaft einem Schaden aussetzen können.



Bei Fragen oder Zweifeln zu diesem Thema setzen Sie sich bitte mit unseren Experten in Verbindung. 

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Anna Smagowicz-Tokarz

Attorney at law (Polen)

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