Um die Website zu personalisieren und Ihnen den größten Mehrwert zu bieten, verwenden wir Cookies. Unter anderem dienen sie der Analyse des Nutzerverhaltens, um herauszufinden wie wir die Website für Sie verbessern können. Durch Nutzung der Website stimmen Sie ihrem Einsatz zu. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.



Möglichkeit der Geltendmachung von Schadenersatz gegenüber dem polnischen Staat durch ausländische Investoren, die in Windparks in Polen investieren

PrintMailRate-it

 

Piotr Mrowiec

12. November 2016

 

Am 16. Juli 2016 ist das Gesetz vom 20. Mai 2016 über Investitionen in Windkraft-anlagen (Dz.U. [poln. GBl.] aus 2016 Pos. 961) in Kraft getreten, durch das viele Projekte der Windparks, die nicht nur von polnischen, sondern auch von ausländischen Investoren entwickelt wurden, abgebrochen werden mussten.

 

Die ausländischen Investoren können den Investitionsschutz auf der Grundlage völkerrechtlicher Rechtsnormen in Anspruch nehmen. Die Verletzung dieser Normen kann zur Schadensersatzhaftung des polnischen Staates führen.


Am 16. Juli 2016 ist das Gesetz vom 20. Mai 2016 über Investitionen in Windkraftanlagen (Dz.U. [poln. GBl.] aus 2016 Pos. 961) in Kraft getreten, durch das viele Projekte der Windparks, die nicht nur von polnischen, sondern auch von ausländischen Investoren entwickelt wurden, abgebrochen werden mussten. Die ausländischen Investoren können den Investitionsschutz auf der Grundlage völkerrechtlicher Rechtsnormen in Anspruch nehmen. Die Verletzung dieser Normen kann zur Schadensersatzhaftung des polnischen Staates führen.
Unternehmen, die in unserem Land in Erneuerbare Energien investieren, müssen seit längerer Zeit Nerven aus Stahl beweisen. Niederdrückende Preise für grüne Zertifikate, sich über Jahre verzögernde Arbeiten an neuen Grundsätzen der Förderung grüner Energie, Unsicherheit in Bezug auf die Dauer der Förderung, ein außerordentlich schwieriger und zeitaufwendiger Investitionsprozess – all dies führt dazu, dass die Investitionen in Erneuerbare Energiequellen nicht risikofrei sind. Jedoch zeigen weitere Rekorde der Anschlüsse von Windkraftanlagen, die in den Vorjahren verzeichnet wurden (was im Jahr 2015 gerade durch die Furcht vor dem Auktionssystem verursacht wurde), dass dieser Geschäftszweig nach wie vor attraktiv ist. Die ausländischen Investoren haben sehr gerne in die Windenergie in Polen investiert, da das hier angewandte Fördersystem – im Vergleich zu der stark eingeschränkten oder sogar ganz aufgehobenen Förderung in vielen Ländern Europas – es erlaubte, aus den Investitionen eine angemessene Rendite zu erzielen.


Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über Investitionen in Windkraftanlagen am 16. Juli d.J. hat sich die Situation diametral geändert. Im Ergebnis wird die überwiegende Mehrheit der entwickelten Windparkprojekte, die es nicht schafften, in die Etappe des Verfahrens über den Erlass der Baugenehmigung zu gelangen, von den Investoren abgeschrieben werden müssen, da sie das mit dem Gesetz eingeführte strenge Abstandskriterium nicht erfüllen. Ein Windpark muss von den Bebauungen in einem Umkreis von mindestens dem Zehnfachen der Höhe der gesamten Turbine entfernt sein (in der Praxis – im Umkreis von ca. 1,5-2 km). Die Einführung einer solchen Einschränkung hat weitreichende Konsequenzen.


Man muss nämlich beachten, dass die Überführung der Windparkinvestition in die Etappe des Verfahrens über den Erlass der Baugenehmigung ein schwieriger, zeitaufwendiger und kostspieliger Prozess ist, bei dem der Bauträger sich durch eine Reihe verwaltungs- und zivilrechtlicher Verfahren quälen muss.


Nach der vorläufigen Wahl des Standortes des Windparks muss der Investor dafür sorgen, dass das betreffende Gelände eine entsprechend bestimmte Bewirtschaftungsart hat. Eine äußerst wichtige Etappe, die auch schwer zu durchlaufen ist, besteht in der Einholung eines Bescheids über die umweltrechtlichen Bedingungen, im allgemeinen „Umweltbescheid“ genannt. Im Rahmen des o.g. Verfahrens ist der Investor oft gezwungen, einen kostspieligen Bericht über die Auswirkung des betreffenden Windparks auf die Umwelt vorzubereiten. Der Investor muss ferner die Netzanschlussbedingungen für den geplanten Windpark einholen, was schon am Anfang die Notwendigkeit einer Anzahlung auf die Netzanschlusskosten i.H.v. 30 000 PLN für jedes angeschlossene Megawatt nach sich zieht. Je nach dem Standort der Investition ist der Investor verpflichtet, viele andere Genehmigungen und Abstimmungen einzuholen, unter denen besonders folgende zu nennen sind: Zustimmung zum Ausschluss der Grundstücke von der landwirtschaftlichen Produktion, Abstimmungen mit den zuständigen Behörden der zivilen und militärischen Luftfahrt im Bereich der Markierung einzelner Windkraftanlagen, Abstimmungen mit dem zuständigen Straßenverwalter oder sogar mit dem Denkmalpfleger. Teuer ist auch die Absicherung des Rechts auf diejenige Immobilie, auf der in Zukunft der betreffende Windpark entstehen soll.


In Hinblick auf die verschiedenen Standorte und Sachverhalte ist es ziemlich schwierig, die für den Investor entstandenen Kosten in der Etappe der Entwicklung eines Windparkprojektes präzise einzuschätzen; es wird jedoch angenommen, dass dies erhebliche Kosten sind, die zwischen 70 000 und 100 000 EUR pro geplantem Megawatt des Windparks liegen können. Engagiert sich ein Investor bei mehreren großen Projekten, so können die Verluste sogar mehrere Dutzend Millionen EUR betragen.


Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass denjenigen Investoren, die über eine entsprechende Finanzierung verfügen und alle, oft kostspieligen und rechtlich komplizierten, Anforderungen zur Umsetzung von Windparkprojekten in Polen erfüllt haben – außer der Einholung von Baugenehmigungen, die jedoch unter solchen Umständen nur als formelle und rein technische Tätigkeiten anzusehen sind – das Recht auf Beendigung dieser Projekte und somit auf Genuss der Vorteile hieraus genommen wurde.


Sowohl ein polnischer als auch ein ausländischer Investor, der sich in derselben oder einer ähnlichen Situation wie der oben beschriebenen befindet, kann das ihm lt. der polnischen Gesetzgebung zustehende Recht in Anspruch nehmen und auf verschiedenen Wegen zu erreichen versuchen, dass die Vorschriften über das Abstandskriterium für verfassungswidrig erklärt werden (z.B. wegen der Verletzung des Rechtsstaatsprinzips, aus dem der Grundsatz des Schutzes der erworbenen Rechte oder des Schutzes schwebender Geschäfte abgeleitet werden). Das Ziel solcher meistens langwieriger Handlungen ist der Versuch, eine Baugenehmigung und später auch eine Nutzungsgenehmigung einzuholen, bzw. eine entsprechende Entschädigung vom polnischen Staat zu bekommen.


Der natürlichste und günstigste Weg für einen ausländischen Investor wäre es jedoch, sein Recht vor einem von dem polnischen Staat unabhängigen Forum zu suchen; ein solches Forum ist das internationale Schiedsgericht mit Sitz außerhalb Polens, das speziell für die Entscheidung über die betreffende Sache berufen wird und seine Entscheidungen gemäß den völkerrechtlichen Rechtsnormen des internationalen Investitionsschutzes fällt – und nicht gemäß den polnischen Rechtsnormen.


In der besprochenen Situation wird ein solcher Schutz durch bilaterale Abkommen über den Investitionsschutz, deren Partei Polen ist (Polen ist Partei von mehr als 60 solcher Abkommen, u.a. mit Deutschland, Spanien, Frankreich, den Niederlanden, Österreich oder den USA), sowie ein multilaterales Abkommen, das insbesondere Vorschriften über den Investitionsschutz im Energiesektor enthält – den Vertrag über die Energiecharta – geboten.


Das grundlegende internationale Schutzrecht, das im beschriebenen Fall verletzt werden kann, ist das Verbot widerrechtlicher Enteignungen. Im beschriebenen Fall können wir von einer Enteignung reden, da durch die Einführung des Abstandskriteriums das Recht der ausländischen Investoren auf die Umsetzung der geplanten Windparkprojekte und auf den Genuss der Vorteile daraus ohne jegliche Entschädigung annulliert wurde. Solche Investitionen werden meistens mithilfe von Tochtergesellschaften (Zielesellschaften) durchgeführt, deren Tätigkeit auf ein oder mehrere betreffende Projekte beschränkt ist. Demnach kann man alternativ feststellen, dass es zur Enteignung kommt, weil den Anteilen an den diese Projekte umsetzenden Tochtergesellschaften (Zielgesellschaften) jeglicher Wert entzogen wird.


Zu den weiteren Standards, die vielen Abkommen über den Investitionsschutz gemeinsam sind und deren Verletzung in dieser Situation zu erwägen ist, gehören insbesondere: Standard der gerechten und billigen Behandlung sowie Standard des vollen Schutzes und der vollen Sicherheit. Die Verletzung dieser Standards wäre ein zusätzliches Argument, das die Position des ausländischen Investors im Schiedsverfahren in Bezug auf die Investition stärkt, aber nicht zur Erhöhung einer etwaigen Entschädigung aus Polen beitrüge, da die Verletzung des Verbots widerrechtlicher Enteignungen grundsätzlich den Erlass eines Urteils durch das Schiedsgericht zur Folge hätte, in dem die volle Entschädigung für die enteigneten Vermögensrechte zuerkannt wird. Eine solche Entschädigung könnte – je nach der Spezifik der betreffenden Situation – die Aufwendungen für die Durchführung der betreffenden Investition oder – was die Mehrheit der Investoren wahrscheinlich bevorzugen wird – den Wert der verlorenen Investition decken, der z.B. durch den diskontierten, rational aus dem Windpark bzw. einer Gruppe solcher Windparks zu erwartenden Wert der Geldmittel in dem entsprechenden Zeitraum, vermindert um den Betrag der sonstigen Aufwendungen, die für die Inbetriebnahme des Windparks notwendig sind, ausgedrückt wird.


Zweifelsohne lohnt es sich, dafür zu kämpfen. Da nicht jeder Fall identisch ist, ist vor der Entscheidung über die Einleitung des Schiedsverfahrens der Sachverhalt genau zu prüfen, um seine Schwächen und Stärken zu identifizieren. Zusätzlich sollte man sich mit dem bzw. den Abkommen vertraut machen, auf das/die wir uns im potentiellen Streit zu berufen beabsichtigen (in der Regel wird dies das bilaterale Abkommen zwischen Polen und dem Herkunftsland des betreffenden Investors und auch der Vertrag über die Energiecharta sein) sowie mit den Anforderungen, die vor der Einleitung des Schiedsverfahrens erfüllt werden müssen; z.B. verlangt ein wesentlicher Teil der Abkommen, dass die Verhandlungen über einen bestimmten Zeitraum, die sog. cooling-off period, andauern müssen, beispielsweise 6 Monate nach der schriftlichen Aufforderung des polnischen Staates zur gütlichen Beilegung der Streitigkeit.

Kontakt

Contact Person Picture

Piotr Mrowiec

Attorney at law (Polen)

Associate Partner

Anfrage senden

Profil

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu