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Der Konstruktionsbalken als unterstes Element der Decke – neues Urteil des Oberverwaltungsgerichts

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​Przemysław Trzaska, Kamila Kmiecik

26. August 2022


Die Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage für Gebäude stützt sich meistens auf die Architektur- und Baudokumentation. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 24. Mai 2022 [1] eröffnet die Möglichkeit, die Nutzungsfläche, die ursprünglich auf der Grundlage der Architektur- und Baudokumentation ermittelt wurde, neu zu berechnen.

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist im Rahmen der Ermittlung der Nutzungsfläche bei der Ermittlung der lichten Höhe des Geschosses der vom Boden bis zum untersten festen Konstruktionselement der Decke gemessene Abstand zu berücksichtigen. Steuerpflichtige können dies als Grundlage für die Überprüfung der bisherigen Messungen ihrer Immobilien nutzen; sie können eine Korrektur ihrer Abrechnungen einreichen und letztlich überzahlte Steuer erstattet erhalten. 

Was die Vorschriften besagen


Der Streit des Steuerpflichtigen mit den Steuerbehörden bezog sich auf die Auslegung des Gesetzes über Kommunalsteuern und -abgaben [2]. Gemäß dem Gesetz gilt Folgendes: Nutzungsfläche des Gebäudes oder seines Teils ist die entlang der Innenseiten der Wände in allen Geschossen gemessene Fläche, mit Ausnahme der Fläche von Treppenhäusern und Aufzugsschächten. Als Geschoss gelten auch Tiefgaragen, Keller, Untergeschosse und genutzte Dachräume.

Das Gesetz besagt, dass die Fläche von Räumen oder ihren Teilen sowie der Teil eines Geschosses mit einer lichten Höhe zwischen 1,40 m und 2,20 m zu 50 Prozent zur Nutzungsfläche des Gebäudes gerechnet werden; liegt die lichte Höhe unter 1,40 m, so wird diese Fläche nicht berücksichtigt.

Streit um die Besteuerung der Nutzungsfläche


Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts erging nach Prüfung der Kassationsklage eines Steuerpflichtigen, der ursprünglich einen Antrag auf Feststellung einer Immobiliensteuerüberzahlung i.H.v. über 280.000 PLN gestellt hatte. In der unterirdischen Produktionshalle des Unternehmers befinden sich Räume, durch die sich in verschiedenen Abschnitten des Innenraums unter der Decke Konstruktionsbalken ziehen. Die Höhe der Räume unter den Balken liegt unter 2,20 m, was – nach Auffassung des Steuerpflichtigen – ihn berechtigt, die Nutzungsfläche des ganzen Raumes zu 50 Prozent in die Steuerbemessungsgrundlage einzubeziehen.

Nach Auffassung der Steuerbehörden der ersten und zweiten Instanz hat der Steuerpflichtige fälschlicherweise:

  • von der Steuerbemessungsgrundlage für Räume mit einer Höhe von über 2,20 m die gesamte Nutzungsfläche der Räume, in denen es Deckenbalken in einer Höhe unter 2,20 m gab, ausgeschlossen; 
  • für die Besteuerung nur 50 Prozent der Fläche dieser Räume mit dem Hinweis darauf berücksichtigt hat, dass es sich dabei im Ganzen um Räume mit einer Höhe unter 2,20 m handelt.

Nach dem Standpunkt der Behörde der ersten Instanz ergibt sich aus den Vorschriften eindeutig, dass es möglich ist, den Teil eines Raumes (Geschosses) in die Nutzungsfläche einzubeziehen. Was bedeutet, dass die Möglichkeit besteht, separat den Teil der Fläche, die durch die Deckenebene begrenzt ist, und separat den Teil, der durch die Konstruktionsbalken begrenzt ist, zu ermitteln. Die Deckenbalken (und anderen Konstruktionselemente der Decke) verringern also nicht die lichte Höhe des ganzen Raumes (Geschosses).

Der Steuerpflichtige war mit dieser Entscheidung nicht einverstanden und erhob Klage beim Woiwodschaftsverwaltungsgericht. 

Das Woiwodschaftsverwaltungsgericht stellte fest, dass sich aus dem Wortlaut der Vorschriften ergibt, dass die lichte Höhe für die einzelnen Teile des Geschosses und nicht für das gesamte Geschoss zu ermitteln ist. Es geht hier um Teile mit einer Höhe unter 1,40 m, zwischen 1,40 m und 2,20 m und über 2,20 m. Die Teile der Geschossfläche, die in diese Abschnitte fallen, ergeben nach ihrer Summierung die Immobiliensteuerbemessungsgrundlage, d.h. die Nutzungsfläche. Das Vorhandensein von Konstruktionsbalken macht es nach Auffassung des Gerichts nicht unmöglich, einen Raum bestimmungsgemäß zu nutzen.

Das Woiwodschaftsverwaltungsgericht stellte fest, dass bei der Ermittlung der Nutzungsfläche des Geschosses, gemessen entlang der Innenseite der Wände in allen Geschossen – mit Ausnahme der Fläche von Treppenhäusern und Aufzugsschächten – die Behörde die lichte Höhe der einzelnen Teile dieses Geschosses und nicht die lichte Höhe des gesamten Raumes berücksichtigen muss.

Gemäß dem Standpunkt der Steuerbehörden und dem Urteil des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts ist die Fläche unter den Balken zu 50 Prozent und der übrige Teil des Raumes zu 100 Prozent zu besteuern.

Wegweisender Standpunkt des Oberverwaltungsgerichts


Das Oberverwaltungsgericht hat eindeutig darauf hingewiesen, dass die Vornahme einer solchen Aufteilung den Vorschriften des Steuergesetzes widerspricht. Nach Auffassung des Gerichts ist zwecks Anwendung der prozentualen Einbeziehung in die Nutzungsfläche des Gebäudes – für die Fläche der Räume oder deren Teile sowie Teile des Geschosses – die Bezugnahme auf die Festlegung der lichten Höhe zwischen 1,40 m und 2,20 m von grundlegender Bedeutung. 

Gemäß dem Standpunkt des Oberverwaltungsgerichts ist bei der Ermittlung der lichten Höhe des Geschosses der vom Boden bis zum untersten festen Konstruktionselement der Decke gemessene Abstand zu berücksichtigen. Folglich schloss sich das Oberverwaltungsgericht der Auffassung des Steuerpflichtigen an, dass die lichte Höhe des ganzen Raumes, durch den der Konstruktionsbalken verläuft, unter 2,20 m liegt. Daher sind in einem solchen Fall nur 50 Prozent seiner Fläche in die Steuerbemessungsgrundlage einzubeziehen.  

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist die Verwendung des Ausdrucks: „der Teil eines Geschosses mit einer lichten Höhe“ durch den Gesetzgeber gewollt und er darf nicht einschränkend angewendet werden, indem die Art und Weise der Ermittlung der Höhe ausschließlich im Kontext des Wortes „Geschoss“ erfolgt.

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts als Chance für die Steuerpflichtigen


Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts stellt für die Steuerpflichtigen zweifelsohne eine Grundlage für die Überprüfung der bisher ausgewiesenen Nutzungsfläche von Gebäuden und die Erwägung der Möglichkeit ihrer Besteuerung nach günstigeren Grundsätzen dar. Die Durchführung neuer Messungen und somit die richtige Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage kann es den Steuerpflichtigen ermöglichen, ihre Steuererklärungen zu korrigieren und die Erstattung einer Immobiliensteuerüberzahlung zu beantragen. 
Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts ist jedoch sehr allgemein, weil es sich auf ein „festes Konstruktionselement der Decke“ bezieht. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht genau darauf hingewiesen, wie dieser Begriff zu verstehen ist. Das Verständnis dieses Begriffes ergibt sich auch nicht aus den Steuervorschriften.

Somit gibt es keine Sicherheit, dass dieses Urteil in jeder Situation, in der wir es mit einer Verringerung der Deckenhöhe zu tun haben, anwendbar sein wird, z.B. wenn die Decke aus rein dekorativen Gründen abgesenkt wurde.


Rechtsgrundlage:
1. Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 24. Mai 2022, Az. III FSK 590/21.
2. Gesetz über Kommunalsteuern und -abgaben, Art. 1a Abs.1 Pkt 5 und Art. 4 Abs.2.

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Przemysław Trzaska

Tax adviser (Polen)

Senior Associate

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