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Kann man sich auf den Inhalt des Grundbuchs verlassen?

PrintMailRate-it

​Paweł Szpot

23. Februar 2023


Um die im Titel gestellte Frage zu beantworten: Ja, man kann sich auf den Inhalt des Grundbuchs verlassen, allerdings mit gewissen Vorbehalten. 

Die überwiegende Mehrheit der in den Grundbuchakten offengelegten Informationen entspricht der Wirklichkeit. Dies ist jedoch nicht immer der Fall. Mehr noch, in vielen Fällen ermöglicht die Rückverfolgung des im elektronischen Grundbuch offengelegten Inhalts (sei es der aktuelle oder der historische Inhalt) nicht die Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten. Auch die Durchsicht der (Papier-)Unterlagen, die in den Akten des betreffenden Grundbuchs (oder sogar mehrerer Bücher – wenn sich der rechtliche Status der betreffenden Immobilie wesentlich geändert hat, auch infolge von Teilung) hinterlegt sind, kann sich als für die Aufdeckung von Unstimmigkeiten nicht ausreichend erweisen.  

Ursachen für Fehler im Grundbuch


In den meisten Fällen resultieren die Unstimmigkeiten aus der Nichtmeldung und Nichtoffenlegung aktueller Informationen oder aus einem Fehler, der bei der Vornahme eines Rechtsgeschäfts begangen wurde, welches die Grundlage für die nicht der Wirklichkeit entsprechenden Eintragungen darstellt. Die Unregelmäßigkeit kann darin bestehen, dass das Rechtsgeschäft tatsächlich andere Folgen nach sich zog, als von den Parteien beabsichtigt und im Grundbuch offengelegt, oder dass das Rechtsgeschäft nichtig war und überhaupt keine Folgen hatte.

Löschung einer Eintragung bzgl. einer erloschenen Dienstbarkeit – Beispiel


Unsere Juristen aus dem Team Litigation & Dispute Resolution haben mehrmals die Aktualisierung der Angaben im Grundbuch herbeigeführt, z.B. der Angaben zu den Immobilieneigentümern, in Fällen, in denen die betroffenen Parteien trotz mehrerer Erbfälle die entsprechenden Aktualisierungen nicht vorgenommen hatten. Sie haben auch die Löschung von Eintragungen beantragt, die sich auf erloschene Rechte, einschließlich Dienstbarkeiten oder Hypotheken, bezogen. Es ist offensichtlich, dass die Überprüfung des tatsächlichen Sachverhalts bei einem geplanten Geschäft für die richtige Entscheidung des Mandanten ausschlaggebend ist. 

Ein interessantes Beispiel ist die Geschichte des geplanten Kaufs eines Grundstücks, durch dessen Mitte laut Grundbuch eine Grunddienstbarkeit (die im Recht auf freie Durchfahrt und freien Durchgang) zugunsten der jeweiligen Eigentümer der benachbarten Grundstücke verlief.

Das Investitionsvorhaben des Mandanten hätte offensichtlich nicht umgesetzt werden können, wenn diese Dienstbarkeit noch bestanden hätte. Die Handlungen unserer Juristen, d.h. die Tätigkeiten vor Ort, die Analyse der Eintragungen im Grundbuch und die rechtliche Analyse des vorliegenden Sachverhalts, führten zu der Feststellung, dass diese Grunddienstbarkeit gemäß Artikel 293 des Zivilgesetzbuches von Rechts wegen erloschen war, nachdem sie zehn Jahre lang nicht ausgeübt worden war.

Der Mandant erwarb das Grundstück und erhob anschließend eine entsprechende Klage gegen die Dienstbarkeitsberechtigten. Dank unseren Juristen wurde die nicht der Wirklichkeit entsprechende Eintragung gelöscht und der Mandant konnte die geplante Investition nach seinen Wünschen umsetzen. 
Ebenso haben wir die Löschung einer Reihe anderer nicht aktueller Eintragungen veranlasst, z.B. einer Hypothek, die zugunsten einer staatlichen Einrichtung (Sozialversicherungsanstalt) bestellt worden war. Zu beachten ist, dass das Belassen nicht aktueller Eintragungen über Belastungen oft von den Schuldnern (Immobilieneigentümern) beabsichtigt sein kann, da solche Eintragungen die Gläubiger davon abhalten, das Vollstreckungsverfahren in die Immobilie zu betreiben – die Vielzahl und der Umfang der Belastungen können zu dem Schluss führen, dass die Vollstreckung in die Immobilie die Befriedigung des geltend gemachten Anspruchs nicht ermöglicht.

Fehlen entsprechender Zustimmungen und mangelhafte Willenserklärungen


Neben der fehlenden Aktualisierung von Eintragungen sind Diskrepanzen im Grundbuch meist auf folgende Ursachen zurückzuführen:

  • Nichteinholung der erforderlichen Zustimmungen zu der Vornahme des Rechtsgeschäfts, das die Grundlage für die Eintragung darstellt, einschließlich konzerninterner Zustimmungen oder der Zustimmung des Ehegatten (und Vornahme des Rechtsgeschäfts nur durch einen der Ehegatten, wenn die Immobilie tatsächlich Teil des gemeinsamen Vermögens der Ehegatten ist);
  • Mängel der Willenserklärung. 

Die Folgen dieser Unregelmäßigkeiten sind in der Regel sehr schwerwiegend. Sie führen häufig zur Nichtigkeit des vorgenommenen Rechtsgeschäfts.  

In vielen Fällen hilft der sog. öffentliche Glauben des Grundbuchs, wonach bei Diskrepanzen zwischen der im Grundbuch offengelegten Rechtslage einer Immobilie und der tatsächlichen Rechtslage der Inhalt der Eintragungen im Grundbuch zugunsten der Person als richtig gilt, die das Eigentum oder ein anderes dingliches Recht durch Rechtsgeschäft mit dem gemäß dem Grundbuch Berechtigten erworben hat. Wirksam ist daher der Erwerb einer Immobilie von einer Person, die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der notariellen Kauf- oder Schenkungsurkunde als Eigentümer im Grundbuch eingetragen war. Dieser Grundsatz unterliegt jedoch sowohl subjekt- als auch objektbezogenen Beschränkungen.

Der öffentliche Glaube schützt denjenigen nicht, der:

  • bösgläubig gehandelt hat, d.h. er wusste, dass der Inhalt des Grundbuches nicht mit der tatsächlichen Rechtslage übereinstimmt, oder hätte dies leicht erfahren können;
  • die Sache unentgeltlich erworben hat – z.B. auf der Grundlage eines Schenkungsvertrages;
  • eine Immobilie erworben hat, für die kein Grundbuch geführt wird.

In unserer Kanzlei bearbeiten wir die Fälle von Mandanten, die im Vertrauen auf den Inhalt des Grundbuches und oft auch auf die Erklärungen der Geschäftspartner selbst Rechtsgeschäfte mit dem im Grundbuch offengelegten Rechtsträger vorgenommen haben und dann erfuhren, dass das Recht (in der Regel das Eigentum) diesem Rechtsträger nur teilweise (Anteil) oder gar nicht zusteht. Die Aufdeckung und die Geltendmachung dieses Umstandes stellen eine gute Grundlage für die Rückgängigmachung der Folgen des Geschäfts dar.

Beispiele 


In letzter Zeit vertraten unsere Juristen einen Mandanten in einem Fall, in dem sich die Gegenpartei darauf berief, dass der Vorvertrag über den Verkauf einer Immobilie nur von einem Ehegatten geschlossen worden sei, obwohl die Immobilie in Wirklichkeit – aufgrund einer Unregelmäßigkeit, die mehrere Jahre vor dem Kauf stattgefunden hatte – entgegen dem Wissen und Willen des Verkäufers Teil des gemeinsamen Eigentums der Ehegatten geworden war. Natürlich auch ohne das Wissen des Mandanten, denn die Eintragung im Grundbuch, wonach die Immobilie nur einen Eigentümer hat, war während des gesamten Zeitraums unverändert geblieben. Die Nichtunterzeichnung des Vertrages durch den anderen Ehegatten sollte nach der Auffassung der Gegenpartei bedeuten, dass der Vertrag nichtig sei und der Mandant folglich den Abschluss des zugesagten Vertrages nicht geltend machen könne. 

Ein weiteres Beispiel für potenzielle Unregelmäßigkeiten bei Grundbucheintragungen ist der Fall eines von unserer Kanzlei vertretenen Insolvenzverwalters. Er wurde aufgefordert, eine Diskrepanz im Grundbuch der Immobilie zu berichtigen, in dem der insolvente Schuldner als Eigentümer offengelegt war. In der Klage wurde der Umstand vorgebracht, dass das Rechtsgeschäft, durch das der insolvente Schuldner Eigentümer der Immobilie geworden sein sollte, wegen Scheinbarkeit im Sinne von Art. 83 des Zivilgesetzbuches nichtig sei. Der Kläger wollte erreichen, dass das Eigentum an der Immobilie an den ursprünglichen Eigentümer zurückfiel und somit von der Insolvenzmasse ausgesondert und folglich nicht verkauft und zur Befriedigung der Ansprüche gegen den insolventen Schuldner im Rahmen des Insolvenzverfahrens bestimmt wurde.

In beiden Fällen konnten wir für die Mandanten vorteilhafte Lösungen erzielen, die die Gültigkeit der abgeschlossenen Verträge bestätigten. Der Katalog der Behauptungen und Einwendungen, die jeweils an die Umstände des Einzelfalls angepasst waren, umfasste unter anderem: die Berufung auf den Schutz gemäß den Vorschriften über den öffentlichen Glauben des Grundbuchs, eine genaue Analyse des in Frage gestellten Vertrages unter Hinweis auf seine Art und Qualifikation oder die Definition des sachlichen und persönlichen Umfangs der für die Vornahme des jeweiligen Rechtsgeschäfts tatsächlich erforderlichen Zustimmungen. Die erlassenen Urteile haben es den Mandanten ermöglicht, weitere rechtliche Schritte zu unternehmen, um ihre wirtschaftlichen Interessen zu verwirklichen und sicherzustellen, dass die Gegenparteien ihren Verpflichtungen nachkommen.

Empfehlungen


Im Hinblick auf die Vielzahl von Sachverhalten und die Komplexität der potenziellen Rechtsfragen, die vor der Vornahme von Immobiliengeschäften berücksichtigt werden müssen, um potenzielle Streitigkeiten zu vermeiden und die Geschäfte erfolgreich durchzuführen, empfehlen wir:

  • eine gründliche Überprüfung der Unterlagen im Grundbuch, das für die betreffende Immobilie geführt wird, und gegebenenfalls der Unterlagen in anderen Registern; bei Geschäften von erheblichem Wert ist es üblich, eine umfassende Due-Diligence-Prüfung durchzuführen, die es ermöglicht, Unregelmäßigkeiten zu identifizieren und potenzielle Risiken bereits vor Abschluss des Geschäfts abzuwenden und den Mandanten durch eine angemessene Strukturierung des Rechtsverhältnisses zu schützen;
  • noch vor Abschluss des Geschäfts die Einholung der erforderlichen Informationen und Unterlagen, die eventuelle Zweifel an der Rechtslage der Immobilie ausräumen, sowie die Vornahme der erforderlichen Handlungen, die sicherstellen, dass die Rechtslage der Immobilie mit der tatsächlichen Rechtslage übereinstimmt, gegebenenfalls auch durch Berichtigung des Inhalts des Grundbuchs oder durch Handlungen (meistens vor einem Notar), die die Grundlage für eine mit der Wirklichkeit übereinstimmende Eintragung im Grundbuch bilden können;
  • wenn das Risiko einer Streitigkeit hinsichtlich der Übereinstimmung der im Grundbuch offengelegten Rechtslage mit der tatsächlichen Rechtslage besteht, ist es begründet, professionelle Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen, die es ermöglicht, die Stichhaltigkeit der von den Streitparteien vorgebrachten Argumente zuverlässig zu beurteilen, Maßnahmen zum Zwecke der gütlichen und außergerichtlichen Beilegung des Falls zu ergreifen und eine wirksame Verteidigung in einem Gerichtsverfahren aufzubauen. 


Haben Sie Fragen im Zusammenhang mit dem Kauf oder Verkauf einer Immobilie und dem Grundbuch? Setzen Sie sich mit unseren Experten in Verbindung.

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Paweł Szpot

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